So mancher landet auf dem zweiten Platz, gehört eigentlich auf den ersten und kann sich aber entspannt zurücklehnen, weil er weiß, daß sein Pferd eine Ausnahmeerscheinung ist.
So einer ist der Norweger Bernt Severinsen, der heute morgen den erst 7-jährigen Tigull frá Kleiva in der schweren Töltprüfung T 1 in beeindruckender Schönheit vorgestellt hatte.
Am Ende fehlten ihm ein paar halbe Punkte – und dem Hengst ein paar Jahre Kraft und Erfahrung, die ihn von den älteren Mitstreitern trennten. Dennoch, die enorme Geschmeidigkeit und die Fähigkeit, sich unter dem Reiter zu versammeln, bleiben ebenso im Gedächtnis haften wie sein ruhig federnder Schweif und das mit einem feinen Speichelstreifen bemalte, zufriedene Maul. Ein Ausnahmebild an dieser WM.
Tigull frá Kleiva. Reiter ist Bernt Severinsen. Foto: Henk Peterse
Bernt hat den Hengst selbst gezogen, aus einer Stute, die ihm zum Reiten zu nervös war, und Hrynjandi frá Hrepphólum, der auf berühmte Nachkommen wie Snarpur, Snaer oder auch Hnokki zurückblicken kann. Rune Svendsen habe ihm das damals vorgeschlagen. „Jetzt machen wir einen Champion“, habe der ihm versprochen. Und Rune sollte recht behalten.
„Als Tigull auf die Welt kam, war er schon was Besonderes. Er marschierte nach einer Stunde stolz und selbstbewusst aus dem Stall,“ erzählt Bernt. Vierjährig wurde der Fuchshengst Weltmeister in der Zucht der vierjährigen Hengste, mit der sensationellen Note 10 für das langsame Tempo Tölt und den Galopp – beides Talente, mit denen man geboren wird, sagt Bernt.
Diese WM ist ihr viertes gemeinsames Turnier, und Bernt fühlt sich wohler damit, sein Pferd nicht zu pressen und mit Druck zu reiten, auch wenn er dadurch – wie heute – auf Platz zwei landet. Er wäre zwar gerne ins Finale gezogen, aber trotz der Punktevergabe ist er sehr zufrieden, denn er weiß genau, wo der Hengst herausragend gewesen ist. Locker und leicht – so muss Sport für ihn aussehen.
„Es ist gut, über Verlierer zu berichten,“ sagt er. „Gefälligkeitsberichte sind schlecht für den Sport und ein falsches Signal. Wir müssen den Sport schöner machen – nicht schöner berichten.“
Tigull zeigte schon als Fohlen, was er mal werden will. Foto: hestelivet.no
Tigull sei im Übrigen das beste Beispiel dafür, daß es Pferde gibt, die sich selbst tragen können, die Bewegungspotential haben und dennoch von jedermann geritten werden können.
„Was nutzen uns Pferde, für die man speziell ausgebildet sein muss, um sie zu reiten?“ fragt er kopfschüttelnd. „Wir brauchen welche, die einfach tölten.“ Und zeigt das Foto einer 7-jährigen, die zu Besuch im Stall war und das Pferd reiten durfte. Da gibt es tatsächlich wenig Unterschied zu den Bildern aus der Ovalbahn.
Sport kann schön aussehen – auch daheim im Garten.
DT