Ziemlich genau 100 Jahre sind seit dem grossen Frostwinter im Jahre 1918 vergangen. Damals schlug zu Jahresbeginn die grösste Kältewelle zu, an die Zeitgenossen sich erinnerten. Das ganze Land war betroffen, in weiten Teilen wurden bis zu -30 Grad gemessen. Der Meteorologe Einar Sveinbjörnsson sagte RÚV gegenüber, die Kälte der vergangenen Wochen reiche nicht mal zur Hälfte an die Kälte in jenem Frostwinter heran.
Weihnachten und Neujahr hatten damals gutes Wetter verzeichnet, am 5. Januar schlug dann die Kälte zu, das Volksfest Þrettándi feierte man bei -20 Grad, und das Thermometer fiel weiter.
“Es blieb über drei bis vier Wochen so kalt, eigentlich den ganzen Januar über. Die Spitzenwerte wurden dann um den Þretttándi erreicht, und dann noch mal um den 20. Januar herum,” erzählt Einar.
Im Norden stiess das Meereseis zunächst in die Westfjorde vor, dann setzte es sich in ganz Nordisland und bis in die südlichen Ostfjorde fest. Bis zur Insel Papey wurde Meereseis gesichtet. Häfen froren zu, Schiffe konnten nicht mehr fahren, und dann kam der Frost an Land.
“Zu dieser Zeit wurde die Temperatur in den Bergen gemessen, sowohl in Grímsstaðir als auch im Möðrudalur. Da wurden am 21. Januar -38 Grad gemessen und es gab keinen Unterschied dazwischen,” sagt Einar. Am selben Tag gab es -29 Grad in Borganes, -28 Grad in Ísafjörður, -32 Grad in Sauðárkrókur und -33,5 Grad in Akureyri. Am Tag danach wurden in Reykjavík -24,5 Grad gemessen, die tiefste Temperatur, die jemals dort gemessen worden ist.”
Im Südwesten gefroren die Häfen und Buchten. “Das war Eis, das sich nur in extremer Kälte bildet. Man konnte aus Reykjavík auf die Insel Viðey laufen und eigentlich auch hinüber nach Kjalarnes. Der Kollafjörður gefror, und das war zu dieser Zeit beispiellos.”
Und mit dem Meereseis kamen die Eisbären. Vísir berichtet, das am 21. Januar vier Eisbären im Melrakkaslétta und einer im Fljótum erlegt worden waren.
Auch Nutzvieh starb in der Kälte. Das Morgunblað vom 15. Januar berichtet von zwei Pferden in Landeyjar, die erfroren waren und stehend wie zwei Eissäulen auf der Weide gefunden wurden.
Den Menschen in Städten und Ortschaften ging es in der Kälte schlechter als jenen auf dem Land. “Diese ganzen Häuser waren fast alle relativ neu gebaut, die waren nicht ausreichend isoliert. Man hatte auch Steinhäuser gebaut, die waren kalt. Und in dieser Zeit vor dem ersten Weltkrieg gab es nur wenig Kohle zum Heizen, die Leute heizten mit Torf, und es war allgemein sehr kalt in den Häusern. Aber es war trotzdem unglaublich, wie die Menschen das überstanden.
Auf dem Land waren die Leute an solche Kälte vielleicht eher gewöhnt, dort wo Leute in Torfhäusern lebten.” vermutet Einar. “Aber das was die Leute am ehesten wahrnahmen und was am meisten störte, war, dass etwa in Reykjavík das Wasser gefror. Das fror in diesen wenigen Wasserleitungen, die es gab, das gefror in den Toiletten der Leute, und natürlich verursachte das alle möglichen Probleme. Doch zum Glück dauerte das nur drei bis vier Wochen.”
Auch heute noch gibt es kalte Winter in Island, erst kürzlich berichtete RÚV von -28 Grad am Mývatn in Nordisland.
Insgesamt gesehen habe sich das Klima jedoch gemildert, sagt Einar, es ist heute grösseren Schwankungen unterworfen, und die Winter sind nicht mehr so kalt wie früher.
“Um das Jahr 1970 herum gab es kalte Jahre hier, an die die meisten sich noch erinnern. Aber solche extreme Kälte wie im Januar 1918 ist etwas, vor dem die meisten wohl zurückschrecken würden. Obwohl es in den vergangenen Wochen ziemlich kalt gewesen ist, kommt die Kälte doch kaum an jene Kälte von vor 100 Jahren heran.”
Die aktuellen Temperaturen gibt es hier.