Kristján Runólfsson aus Hveragerði erzählte folgende Geschichte aus dem Familienfundus in einer Facebookgruppe, die alte Fotos miteinander teilt:
“Der nachfolgende Vorfall trug sich im Frühling des Jahres 1940 auf dem Hof Brúarland im Skagafjörður zu. Eine Stute, die auf dem Hof Stjarna gerufen wurde, verlor ihr Fohlen, doch auf dem gleichen Hof gab es auch ein neugeborenes weibliches Kalb. Mein Vater Runólfur entschied sich, dem Fohlen das Fell abzuziehen, es dem Kalb überzuziehen und es so der Stute unterzuschieben. Das ging den ganzen Sommer lang so gut, dass die Stute ihr Ziehkind um keinen Preis hergeben wollte.
Als man die Kühe im Herbst in den Stall holte, wurden das Kuhkalb und die Stute für den Winter getrennt. Sobald das Kuhkalb im Frühjahr auf die Weide kam, suchte es sofort seine Ziehmutter, die Stute. Es hielt sich die meiste Zeit des Sommers in ihrer Nähe auf, bis es im Herbst wieder in den Stall geholt wurde, und im Winter dann tragend mit einem Kalb war.
In jenem Spätwinter geschah es dann, dass die Stute in einer Schneelawine am Berg oberhalb des Hofes ums Leben kam, und sie blieb dort liegen, ohne dass man den Kadaver beseitigte.
Kurz bevor die Kühe auf die Weide gelassen wurden, brachte jene junge Kuh ein Kalb zur Welt, danach wurde sie zu den Kühen gelassen, wie es üblich war. Die Zeit verging, Ende Juni grasten die Kühe am Abhang oberhalb des Hofes, und niemand dachte sich was dabei, bis die Leute auf dem Hof ein lautes Muhen am Berg bemerkten. Man ging suchen, und es stellte sich heraus, dass die junge Kuh über dem Kadaver der Stute stand und schrie, und sie war erst zu bewegen, den Ort zu verlassen, als man sie anband und mit Schlägen davontrieb. Man sah dann rasch zu, dass die tote Stute noch am gleichen Tag weggebracht wurde.
Am nächsten Tag, als die Kühe aus dem Stall getrieben wurden, lief die junge Kuh sogleich in Richtung Berg, wo die Stute gelegen hatte. Als sie dort ankam, muhte sie ein paar Mal, und machte sich dann auf den Weg zu den anderen Kühen.”