Das diesjährige Gæðingafimi des Meistaradeild – die Gehorsamsprüfung des südisländischen Winterhallenturniers – kam in mancherlei Hinsicht als Überraschung daher.
In der Reithalle Fákasel bei Hveragerði hatte man technisch aufgerüstet und ein halbes Dutzend Monitore in die Luft gehängt, um auch den hinteren Plätzen Nahaufnahmen bieten zu können. Nichts bleibt dem Zuschauer nun verborgen, kein feiner Halt und auch keine “Zügelübung”.
Von den 24 Teilnehmern wählten 11 eine Islandkandare, eine Reiterin erschien mit Pelham. Das traditionelle Hebelgebiss scheint seinen Weg zurück auf den Dressurplatz gefunden zu haben, und der Monitor liess wissen, dass eigentlich nur zwei Pferde in der Biegung damit umgehen konnten. Zünglein an der Waage war auch diesmal das Schulterherein mit allzuoft im Hals verworfenen Pferden.
Knapp vier Minuten hat jeder Reiter bei dieser Prüfung Zeit, um mindestens drei Gangarten und sechs Lektionen zu zeigen, wobei Schulterherein im Tölt auf beiden Händen Pflichtlektion ist. Bewertet werden Gangarten, Fluss und Lektionen sowie Vielseitigkeit der Darbietung.
Beim Richterteam gab es relative Einigkeit bei den Noten in den Einzelwertungen. Einzig Svanhildur Hall bewies immer wieder den Mut, durchschnittliche Leistungen ungeachtet des Namens auch als solche zu benoten. Insgesamt wurde reell und nüchtern gewertet. Darbietungen, die zwar nett aussahen, aber ‘Thema verfehlt’ präsentierten, wurden ebenso abgewertet wie Zügelakrobatiken aller Art, und nicht einmal der spontane Applaus des Publikums, als Elin Holst ihr Pferd in eine Piaffe springen liess, brachte die Richter aus der Ruhe. Die Piaffe war misslungen und kam nicht aus der Versammlung, sie lieferte daher keinen Pluspunkt.
Der Vorjahressieger Kristofer frá Hjaltastaðahvammi lief genauso entspannt in die Halle wie im letzten Jahr. Sein Reiter Ísolfur Lindal hatte im Interview erklärt, er reite hier nur was er jeden Tag reite, im Prinzip sei das Gæðingafimi eine Hausaufgabenkontrolle. Kristofers Rittigkeit ist augenfällig, weder fehlen Schritteinlagen noch Vorwärts-abwärts-Sequenzen, doch mangelte es der Kür ein wenig an Konzept, und die Musik war unpassend gewählt. Ísolfur schaffte es nicht ins Finale.
Elin Holst stellte mit Frami frá Ketilsstöðum ein ausgesprochen gut gerittenes Pferd vor. Der neunjährige Braune ist biegsam und leicht am Zügel, auch in den Aufwärmrunden hat die Reiterin keine harten Paraden nötig. Auffallend bei diesem Paar ist der korrekt liegende Sattel.
Mit Sleipnir frá Arnanesi, Straumur frá Feti, Freyja frá Baldurshaga und Melkorka frá Hárlaugsstöðum werden wunderschöne und talentierte Pferde sauber und flüssig präsentiert, die beweisen, dass daheim sorgfältig gearbeitet wird. Katla frá Ketilstöðum wird mit jedem Jahr im Meistaradeild schöner und harmonischer. Die erst siebenjährige Eyjarós frá Borg begeisterte nicht wenige Zuschauer durch ihre Weichheit. Das eher unscheinbare Pferd wird von Viðar Ingólfsson seinem Alter gemäss vorgestellt und bleibt nicht nur wegen der passenden Musik, Fallega þú, (Du Schöne), im Gedächtnis.
Nach Streichung des B-Finales ging es für die 24 Teilnehmer jedoch um nur fünf Finalplätze, was den Druck sichtbar erhöhte.
Ins Finale schafften es Elin Holst mit Frami, Hulda Gustafsdóttir mit Askur frá Laugarmýri, Ásmundur Erni Snorrasson mit einem sprudelnd schönen Spölur frá Njarðvík, Árni Björn Pálsson mit Skima frá Kvistum und Jakob Svavar Sigurðsson mit Gloría frá Skúfslæk.
Während die Siegerin des Abends, Skima frá Kvistum, in einer beeindruckend flüssigen Kür vorrangig im Tölt präsentiert wurde, zeigte Jakob als einziger Teilnehmer das gesamte Spektrum der Rittigkeit seiner Stute.
Die achtjährige Glýmur fra Árgerði-Tochter kommt spritzig im Tölt daher, um in der nächsten Runde schön gebogen auf dem Zirkel zu traben, sie zeigt sauber alle Tempi und Gangarten und einige beeindruckende Seitengänge, und nicht einmal ihre Kandarenzäumung fällt unangenehm auf, denn das Pferd wird nicht durch den Zügel in Lektion oder Haltung gebracht, sondern kommuniziert mit dem Reiter.
Jakob beendet seine harmonische Darbietung auf der Mittellinie im Vorwärts-abwärts-Tölt. Auf der Tribüne wird es unruhig. Die einen witzeln leise, die anderen raunen “unglaublich” und “schau doch”. Tatsache ist, dass kaum jemandem dieser Beweis von lupenreiner Lockerheit im Tölt entgangen ist.
Jakob Svavar Sigurðsson stellt mit Gloría frá Skúfslæks Darbietung alle verspannten Aktionstölter in die Ecke und beweist, dass biomechanisch korrekte Ausbildung und gutes Reiten mit Tempo und Tölt in Einklang zu bringen ist. Ihm gebührt grosser Dank dafür.
Die Ergebnisse des Abends findet man hier.