Eine Stunde nachdem das neue Icesave-Gesetz am Mittwoch im Parlament durch die Abstimmung gegangen war, erreichte es die Residenz des isländischen Präsidenten Ólafur Ragnar Grímsson. Generalsekretär Örnólfur Thorsson bezeichnete diese Eile als höchst ungewöhnlich.
Ólafur Ragnar Grímsson. Foto: Páll Stefánsson.
Ob der Präsident das Gesetz nun unterzeichnet, oder es einer Volksabstimmung übergibt, ist bisher nicht klar. Vor etwa einem Jahr hatte er sechs Tage gebraucht, um sich für einen Volksentscheid zu entscheiden, berichtet das Fréttabladid.
Mehr als 37.000 Menschen haben auf kjosum.is eine Petition unterzeichnet, mit der der Präsident aufgefordert wird, das Gesetz nicht zu unterzeichnen.
Damit sind mehr Stimmen zusammengekommen als gegen die kontrovers diskutierte Mediennovelle, für die der Präsident im Jahr 2004 seine Unterschrift verweigert hatte.
Normalerweise benötigen die Angestellten des Parlaments ein bis zwei Tage, um aus einem Gesetzentwurf ein rechtskräftiges Dokument zu erstellen. Danach wird dieses Dokument an den zuständigen Minister geschickt – in diesem Fall ist das der Finanzminister.
Im Ministerium werden die Dokumente dann für die Entsendung nach Bessastadir, dem Präsidentensitz, fertiggestellt, wo sie unterzeichnet werden. Der jeweilige Minister hat für diesen Vorgang zwei Wochen Zeit. Die Zeitmarge wird in der Regel nicht ausgeschöpft. Ein Vertreter des Premierministers übergibt dann die Dokumente in Bessastadir.
In der Regel unterschreibt der Präsident das neue Gesetz noch am selben oder am folgenden Tag, es sei denn, er braucht Zeit, um darüber nachzudenken. Es gibt keine Regel, die vorschreibt, wie lange er seine Entscheidung hinausschieben kann.
Das Icesavegesetz ist am Mittwoch mit 44 Ja-Stimmen gegen 16 Nein-Stimmen verabschiedet worden. Drei Stimmen hatten sich enthalten. Die beiden Vorschläge nach denen das Gesetz einem Referendum unterworfen werden solle, wurden mit einer dünnen Mehrheit, 33 gegen 30 Stimmen, abgelehnt.
Die Sozialdemokraten waren in ihrer Abstimmung uneins. Parteiführerin und Premierministerin Jóhanna Sigurdadóttir warf den Verweigerern eine Gefährdung des Gemeinwohls vor.
„Es ist an der Zeit, dieses schreckliche Thema zu beenden, das unsere Nation gespalten, unser Verhältnis zur restlichen Welt korrumpiert und unsere wirtschaftliche Entwicklung dramatisch behindert hat,“ erklärte die Premierministerin.
Finanzminister Steingrímur J. Sigfússon, der Vorsitzende der Linksgrünen, bezeichnete es als riskant, das Gesetz nicht anzunehmen. Dreizehn linksgrüne Parlamentarier unterstützten das Gesetz, Lilja Mósesdóttir und Ásmundur Dadi Einarsson stimmten dagegen.
Es sei großartig, wenn Streitigkeiten zu einer Einigung führen könnten statt dass sich die Leute in sinnlosen Kämpfen nur um des Kämpfens willen verzetteln, kommentierte der Minister.
Elf der 16 Mitglieder der oppositionellen Unabhängigkeitspartei stimmten für das Gesetz, einer enthielt sich, und vier stimmten dagegen. Parteivorsitzender Bjarni Benediktsson unterstützte das Gesetz. Es gehe darum, Streit mit Nachbarländern durch Verhandlungen beizulegen.
„Es ist ja nicht so, als ob wir wirklich eine Wahl hätten, die Forderungen zurückzuzahlen oder die Vereinbarung zu akteptieren,“ sagte Benediktsson.
Zwei Parlamentarier der Progressiven Partei enthielten sich der Stimme, darunter der Parteivorsitzende Sigmundur Davíd Gunnlaugsson.
„Die gesamte Argumentation der Regierung in dieser Sache hat sich als falsch herausgestellt,“ sagte er und drängte den Präsidenten, Politikern Aufmerksamkeit zu schenken, die seit über zwei Jahren auf dem Holzweg seien.
Alle drei Mitglieder der Bewegungspartei stimmten gegen das Gesetz. „Ich kann niemals akzeptieren dass private Schulden der Öffentlichkeit übergeben werden,“ sagte Birgitta Jónsdóttir.
Das Icesavegesetz, das gestern vom Parlament verabschiedet worden ist, beinhaltet eine staatliche Garantie über die Rückzahlung der versicherten Mindesteinlage von Landsbankis Icesave-Konten in Großbritannien und den Niederlanden.
Den neuen Kreditbedingungen, die sich signifikant von denen unterscheiden, über die im Rahmen der letzten Icesavegesetzes im März 2010 per Referendum abgestimmt worden war, hatten im Vorfeld die Verhandlungskommissionen aller drei Länder zugestimmt.
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DT