Das von den USA nach Europa geschwappte Halloween, welches heute Nacht gefeiert wird, ist dem Ethnologen Terry Gunnell von der Universität Islands zufolge ein alter isländischer Volksbrauch, der auf die allerersten britischen und irischen Einwanderer zurückgeht, schreibt RÚV.
“In den nordischen Ländern fiel das Fest auf den selben Tag wie der Winterbeginn, die sogenannten Winternächte, ein grosses Fest im Oktober. Man kann daher sagen, dass einen derartiges Fest in Island schon sehr alt ist und durchaus seine Wurzeln hier hat.” erklärt Gunnell.
Anlässlich der Winternächte wurde ein sogenanntes Dísablót gehalten, ein blutiges Opfer zu Ehren der Dísen, den Schutzgeistern der Geschlechter, die jedoch keine blondlockigen Schönheiten waren, sondern grässlich aussehende, blutrünstige und schwerbewaffnete Frauenzimmer in Geisterform.
In der Saga Þiðrandi und Þórhallur wird von berittenen Dísen berichtet, die auf die Festhalle zureiten, neun schwarzgekleidete Frauen mit gezogenen Schwertern und neun weissgekleidete auf weissen Pferden. Die schwarzgekleideten töten Þórhallur und nehmen sich damit ihr Opfer dieser Winternacht, führt Gunnell aus.
Die Gestalt der kinderfressenden Grýla aus den isländischen Weihnachtsgeschichten, oder die Nornen in Europa könnten ein Relikt dieses alten Dísenkultes sein. Die Winternächte wurden stets in Zusammenhang mit dem Weiblichen, Düsteren, mit Kälte und dem Tod von Schlachttieren gesehen, sowie mit einem Neubeginn.
Christianisierung eines alten Festes
Das heidnische Fest wurde schliesslich wie so vieles von Europa aus christianisiert, aus den Winternächten wurde das Allerheiligenfest. Dem Gesetzesbuch Grágas zufolge mussten die Bauern an diesem Tag den Armen Almosen geben und zwar soviel Essen, wie ihre Knechte am Abend erhielten. Der Brauch, dass die Kinder am heutigen Abend von Haus zu Haus gehen und um Süssigkeiten betteln, könnte durchaus auf dieses alte Almosen zurückgehen.
Die Allerheiligenmesse wurde um das Jahr 1770 in Island abgeschafft, doch blieb der Tag als inoffizieller Feiertag bis ins 20. Jahrhundert bestehen. Noch heute gibt es hier und da die sogenannte Sviðamessa, die jedoch keineswegs kirchlichen HIntergrund hat, sondern ein Festmahl zum Ende der Schlachtzeit war, wo vor allem Schafskopf (svið) und andere Schlachtleckereien aufgetischt werden. Sviðmessa könnte dennoch als leises Echo der alten Winternachtsfeier gedeutet werden.
“Vielleicht wäre es besser für die Isländer, diese alten Sitten wiederaufleben zu lassen und die Winternächte ein wenig früher im Oktober zu feiern, als Halloween zu übernehmen,” meint Terry Gunnell.
Nicht einmal die Kürbslaternen sind neuzeitliche Erfindungen, denn bevor die Entdecker den Kürbis aus Amerika mitbrachten, schnitt man im alten Europa Laternen aus Rüben. Völlig klar also, dass die heutige Nacht mit all ihren Monstern, Geistern und Leckereien, ein alter, urisländischer Brauch ist.