Isländischen Genetikern ist es gelungen, das Genom von Hans Jónatan zu rekonstruieren, von dem man glaubt, dass er der erste Mensch afrikanischer Herkunft ist, der sich in Island niedergelassen hat, berichtete mbl.is.
Hans Jónatan wurde im Jahr 1784 auf der Karibikinsel St. Croix in die Sklaverei hineingeboren. Seine Mutter war Emílía Regína, eine afrikanische Sklavin auf der Zuckerrohrplantage der Schimmelman Familie. Sein Vater war möglicherweise europäischer Herkunft. Hans Jónatan entkam der Sklaverei und floh nach Djúpivogur in Ostisland. Er hat dort wohl die Isländerin Katrína Antoníusardóttir geheiratet, das Paar hatte zwei Kinder. Die Nachkommen der Familie zählen heute über 700.
Im Nature Genetics Magazine wurde dazu ein Artikel veröffentlicht, in welchem beschrieben ist, wie ein Team von Wissenschaftlern des isländischen Genetikunternehmens deCODE Hans Jónatans Genom aus 182 Genomen seiner Nachkommen zusammenstellte. Es gelang, 38 Prozent der von Mutterseite vererbten Chromosomen zu isolieren. Durch einen Vergleich mit anderen afrikanischen Genomen konnte Emílía Regínas Herkunft auf Westafrika zurückgeführt werden, und zwar auf das Gebiet wo heute die Staaten Benin, Nigeria und Kamerun liegen.
“Bis dato war es nötig gewesen, Zugang zu körperlichen Überresten zu haben, um genetisches Material von vor langer Zeit Verstorbenen zu analysieren.” erklärt Agnar Helgason, ein Anthropologe bei deCODE und einer der Autoren des Artikels. “In dieser Studie schafften wir es jedoch, aus Genomen seiner Nachkommen die Chromosomen von Hans Jónatan zusammenzupuzzzeln, der vor 190 Jahren starb. In manchen Fällen könnte es sinnvoll sein, ähnliche Methoden zu nutzen, um die Genome von anderen Personen aus dieser Zeit zu rekonstruieren, sowohl in Island als auch anderswo, um Licht auf ihre Herkunft oder andere Attribute zu werfen.”
“Hans Jónatans Geschichte ist bemerkenswert und ermutigend zugleich,” sagt deCODE Geschäftsführer Kári Stefánsson und Mitautor des Artikels. “Er war der erste schwarze Mann, der Island betreten hat, und ist offenbar von den Bewohnern in Djúpivogur und Umgebung mit offenen Armen empfangen worden. Diese Reaktion von Isländern im frühen 19.Jahrhundert, als sie isoliert lebten und ganz und gar nicht weltgewandt, zeigt dass rassistische Vorurteile nicht angeboren sind.
Im vergangenen Jahr war ein TV-Film mit dem Titel “Hans Jónatan – Maðurinn sem stal sjálfum sér” über den farbigen Bewohner entstanden. Regisseur Valdimar Leifsson arbeitete für das Projekt zusammen mit dem Literaturwissenschaftler Gísli Pálsson, der zeitgleich Buch über Hans verfasste.
Valdimar wusste kaum etwas über Hans, aber ihm war bekannt dass der Ort Djúpivogur zu einer Zeit Klein-Kongo genannt worden war, offenbar, weil viele Einwohner des Ortes eine dunkle Hautfarbe hatten. “Je mehr ich las, desto bemerkenswerter wurden dieser Mann und seine Geschichte.
Wie mbl.is berichtet, wollte der isländische Filmfonds das Filmprojekt nicht finanziell unterstützen. Hans Jónatans Nachkommen gründeten daraufhin einen eigenen Fonds, um die Filmarbeiten zu finanzieren.