Die vier Oppositionsparteien im isländischen Parlament haben am vergangenen Freitag einen Brief an Vertreter der Europäischen Union übermittelt, in welchem sie dem Versuch der isländischen Regierung widersprechen, Islands EU-Beitrittsgesuch abzubrechen, ohne vorher das isländische Parlament konsultiert zu haben. Als Reaktion auf diesen Brief sprach Außenminister Gunnar Bragi Sveinsson von „Verrat“ der Opposition.
Die Opposition hingegen argumentiert, dass die Regierung keine „legale Authorität“ für eine unilaterale Beendigung der EU-Gespräche besitze, und dass die Resolution, die das Parlament am 16. Juli 2009 passiert habe und die Regierung damit beauftragt habe, einen Beitritt in der EU zu beantragen, immer noch in Kraft sei, heißt es in einer Erklärung der Opposition.
„Das Althingi hat entschieden, um einen Beitritt zu ersuchen, und nur das Althingi kann diese Entscheidung zurücknehmen. Die Regierung kann in dieser Angelegenheit weder dem Parlament noch der Öffentlichkeit in die Augen sehen, doch versucht sie, die EU dahingehend auszutricksen, Islands Statuts zu akzeptieren, indem sie einen Brief durch einen Minister schicken lässt. Island ist weiterhin Beitrittskandidat,“ sagte Árni Páll Árnason, der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Allianz in der Erklärung.
Der Brief der Opposition war an Johannes Hahn, dem EU-Kommissar für europäische Nachbarschaftspolitik und erweiterte Verhandlungen, an Edgars Rinkēvičs, dem lettischen Außenminister, der gegenwärtig als EU-Präsident amtiert, sowie an EU-Parlamenstpräsident Martin Schulz gerichtet gewesen.
Neben Árni Páll hatten auch die Vorsitzende der Linksgrünen Bewegung, Katrín Jakobsdóttir, der Vorsitzende der Partei helle Zukunft, Guðmundur Steingrímsson, sowie die Vorsitzende der Piratenpartei, Birgitta Jónsdóttir, den Brief unterzeichnet.
Gunnar Bragi hatte am 12. März einen Brief an die EU geschickt mit der Feststellung, es sei „die feste Position der Regierung, dass Island nicht als EU-Beitrittskandidat betrachtet werden sollte.“
„Diese Erklärung hat keine legale Berechtigung und widerspricht der Parlamentsresolution von 2009. Die Erklärung war vor der Öffentlichkeit und dem Parlament geheimgehalten worden und nicht im Außenpolitischen Ausschuss im Parlament diskutiert worden, wie es das Gesetz für weitreichende außenpolitische Entscheidungen vorschreibt,“ betont die Opposition.
Am Sonntag und gestern hatten sich Tausende auf dem Platz vor dem Parlament in Reykjavík versammelt, um gegen die Aktion der Regierung zu protestieren und ihren Rücktritt zu fordern.
In einer Erklärung der Organisatoren der Demonstration hieß es, da die isländische Regierung ihr Wahlversprechen für eine Volksbefragung zur Weiterführung der EU-Beitrittsgespräche gebrochen und die Demokratie missachtet habe, müsse sie sofort zurücktreten.