Am Samstagabend ist dem Walfangunternehmen Hvalur ehf. offenbar ein seltener Wal vor die Harpune geraten, wie Stundin berichtet. Experten halten es nach einem Foto der Walschutzorganisation Hard to Port für möglich, dass es sich um eine Kreuzung aus Finnwal und Blauwal handelt. Eine derartige Kreuzung kommt nur sehr selten in freier Natur vor.
Beide Walarten gehören zu den grössten Meeressäugern der Erde. Ausgeschlossen wird ebenfalls nicht, dass es sich bei dem erjagten Tier um einen Blauwal handelt. Blauwale sind in isländischen Gewässern seit dem Jahr 1960 gesetzlich geschützt.
Die Walschutzorganisation Hard to Port befindet sich derzeit in Island, um eine Dokumentation über den isländischen Walfang zu drehen. Bei den Dreharbeiten stiessen sie am Wochenende auf diesen Vorfall. Meeresforschungsinstitut und das Amt für Fischerei untersuchen den Fall derzeit.
Hvalur ehf hatte im Frühjahr beschlossen, nach zweijähriger Pause seine beiden Walfangschiffe Hvalur 8 und Hvalur 9 wieder auf See zu schicken.
“Dem Aussehen nach zu urteilen, Bildern die ich gesehen habe und nach dem, was unser Angestellter dort gesehen hat, finde ich es wahrscheinlich, dass es sich um eine Kreuzung aus Finnwal und Blauwal handelt. Wir haben fünf oder sechs solcher Wale bislang gefunden, was an sich biologisch gesehen schon bemerkenswert ist,” erklärte Gísli Arnór Víkingsson, ein Meeresbiologe beim isländischen Meeresforschungsinstitut.
Gísli zufolge will man im Herbst eine DNA Probe aus dem Tier untersuchen. Vorher wird es nicht möglich sein, die Spezies des getöteten Tieres genauer zu benennen.
“An dem Tier befinden sich klare Merkmale, die für Finnwal und Blauwal sprechen, auch wenn die fünf oder sechs Kreuzungsexemplare die wir kennen, eher wie Blauwale aussehen als wie die anderen. Der Finnwal ist am Bauch schneeweiss, aber dieses Tier zum Beispiel ist eher grau am Bauch. Einige Merkmale des Tieres sind wie beim Finnwal, und im Ganzen betrachtet sieht das Tier so aus wie die Kreuzungen, die wir zuvor beobachtet haben,” erklärt der Meeresbiologe.
Die erste Kreuzung dieser Art war im Jahr 1986 entdeckt und erjagt worden, mit ihr erhielt man die Bestätigung, dass Grosswale verschiedener Arten sich untereinander paaren.
Ein weiterer Wal dieser Kreuzung wurde 1989 erlegt und sein Fleisch nach Japan verkauft. Island geriet durch diesen getöteten Wal ins Kreuzfeuer internationaler Kritik.
Die Walschutzorganisation Hard to Port, die den neusten erlegten Wal entdeckte und dokumentierte, verlangt, dass diese Jagd Konsequenzen haben muss.
“Wenn unser Rückschluss korrekt ist, dann werden wir versichern, dass dies ernsthafte Konsequenzen für Kristján Loftsson und sein Unternehmen haben wird,” heisst es in einer Erklärung der Organisation.
Der Blauwal ist im vergangenen Jahrhundert bis an die Grenze zur Ausrottung gejagt woren. Heute geht man davon aus, dass der Bestand aus 6500 bis 14.000 Exemplaren besteht, daher befindet sich die Spezies weiterhin in Gefahr, vernichtet zu werden.
Seit dem Jahr 1966 ist der Blauwal geschützt. Schätzungen nach halten sich etwa 1000 Blauwale in isländischen Gewässern auf.
Die Fangquote für Finnwale beträgt in diesem Jahr etwas mehr als 200 Tiere, davon wurden bereits 22 erjagt. Nach Angaben des Unternehmens soll das Fleisch der erjagten Tiere nach Japan exportiert werden.
Im kommenden Jahr läuft die seit dem Jahr 2014 bestehende behördliche Genehmigung zum Walfang in Island aus, Walfreunde schauen nun auf die Regierung und warten auf den nächsten Schritt. Premierministerin Katrín Jakonsdóttir sagte im Gespräch mit Stundin, sie hege Zweifel in Bezug auf den Walfang. Ihrer Ansicht nach “sollte jegliche Resourcennutzung nachhaltig sein, was Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft angeht.” Daher sei es ausgesprochen wichtig, vor einem neuerlichen Beschluss, ob Finnwale wieder gejagt werden dürfen, ein Gutachten zur Auswirkung auf Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft zu erstellen.
In der Koalition könnte es darüber jedoch zu einem Interessenskonflikt kommen, denn, wie Stundin in der vergangenen Woche aufdeckte, ist der Onkel von Finanzminister und Vorsitzendem der Unabhängigkeitspartei Bjarni Benediktsson auch Vorsitzender des Unternehmens Hvalur ehf. Ausserdem besitzt er durch sein in Luxembourg angesiedeltes Unternehmen einen Anteil an Hvalur ehf.
Islands Fischereiminister Kristján Þór Júlíusson hatte sich zuvor schon dagegen ausgesprochen, dass die isländischen Walfangziele auf den Prüfstand kommen.