Im Zusammenhang mit einer Schiesserei im Reykjavík Stadtteil Breidholt am Morgen des 15. November gegen 4.30 Uhr wurde am Sonntagabend ein junges Paar inhaftiert. Ein mit Skimaske vermummter Mann hatte mit einem Gewehr auf einen Bewohner geschossen, als dieser die Türe öffnete.
Foto: Páll Stefánsson.
Der Schütze schlug den Mann zuerst mit dem Kolben ins Gesicht, bevor er das Feuer eröffnete. Fréttabladid berichtet, dass es dem Opfer gelang die Tür zuzuwerfen, bevor es getroffen werden konnte.
Nach Angaben von Polizeihauptmann Fridrík Smári Björgvinsson ist der verdächtige Schütze bis Freitag in polizeilichem Gewahrsam. Die ebenfalls verhaftete Frau ist inzwischen wieder freigelassen worden.
Der angegriffene Mann lebte alleine und gab an, den Gewehrschützen nicht zu kennen. Dennoch bestehe zwischen die beiden eine indirekte Verbindung. Das Fréttabladid schreibt, dass der Überfallene der Arbeitgeber der Verlobten des Schützen sei. Sie war entlassen worden, und man vermutet in dem Überfall eine Racheakt.
Der Schütze hat die Tat inzwischen gestanden. Sein Motiv indes bleibt im Dunkeln. Es konnte auch nicht festgestellt worden, ob er den Gegner tatsächlich hatte verletzen wollen, als dieser die Tür öffnete.
Kriminologe Helgi Gunnarsson, Professor für Sozialwissenschaften an der Universität Islands, glaubt dass die Motive hinter solch einer kriminellen Handlung untersucht werden müssten, obwohl man natürlich von einem einzelnen Fall keine allgemeine Aussage über steigende Wut und Gewaltbereitschaft in einer Gesellschaft machen könne.
„Das Motiv ist noch unklar,“ betont Gunnarsson. „Vielleicht wollte er seine Verlobte auch nur beeindrucken.“
Der Kriminologe findet dass der Angriff einen Hauch von Verzweiflung trägt. Das sei keine Seltenheit nach plötzlichen gesellschaftlichen Veränderungen wie sie in Island nach dem grossen Bankenkollaps stattgefunden haben.
Zuerst breite sich ein Gefühl von Einklang und Zusammengehörigkeit aus. Doch wenn die Folgen der Veränderungen einzelne Menschen persönlich treffen, verändert sich auch das Zusammengehörigkeitsgefühl.
„Manche Leute verlieren ihren Job, können ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen. Verzweifelte Handlungen sind da zu erwarten. Plötzliche Veränderungen in der Gesellschaft haben Einfluss auf die Gemeinschaft, und manche gesellschaftliche Gruppen haben Probleme, damit zurechtzukommen.“
Übersetzung: Dagmar Trodler.