Eine neue Lavaspalte hat sich nordöstlich der ursprünglichen Spalte in den Geldingadalir geöffnet und fördert auf einer Länge von geschätzten 200 Metern Lava an die Oberfläche. Einar Bessi Gestsson, ein Experte für Naturkatastrophen beim Meteorologischen Institut, bestätigte dies im Gespräch mit mbl.is.
Entdeckt worden war die Spalte von Piloten, die das Gebiet überflogen.
Der Zugang zum Ausbruchsgebiet ist gesperrt worden, zur Zeit sind Einsatzkräfte dabei, das Gelände zu räumen. Nach Angaben des wachhabenden Polizisten im Tal können sich Besucher dort in Gefahr befinden, weil man nicht wisse, wie sich die Spalte entwickelt. Zwei Hubschrauber der Küstenwache sind unterwegs, um bei der Räumung zu helfen.
Der Vulkanologe Magnús Tumi Guðmundsson sagte RÚV gegenüber, man könne nicht sagen, wie der Vulkan sich verhalten werde. Der neue Ausbruch sei eine Stufenerweiterung, auch wenn dort keine grosse Lavamengen an die Oberfläche kämen. Der Ausbruch sei keinesfalls zuende. Sein Fachkollege Páll Einarsson sagte mbl.is gegenüber, es handle sich offenbar um die gleiche Spalte, die sich nun an einem anderen Ort geöffnet hat.
Dr. Þorbjörg Ágústsdóttir schrieb auf Twitter, die neue Lava ergiesse sich in die Meradalir, wo sich eine seismische Messstation befindet.
Hier gibt es die ersten Fotos aus der Luft:
https://www.facebook.com/Landhelgisgaeslan/posts/4276288245725976
Die Webcam von RÚV ist auf die neue Spalte ausgerichtet worden. Hier sieht man den Kameraschwenk von der alten zur neuen Ausbruchsstelle.
Hier gibt es Videoaufnahmen von Vísir zur neuen Ausbruchsstelle, hier ein Video von RÚV, und hier kann man Fotos und Nahaufnahmen bei Vísir anschauen.
update 18.00
Am Nachmittag hat sich eine zweite, kleinere Spalte geöffnet, aus beiden Spalten quillt und sprudelt dünnflüssige Lava empor, die sich in die Meradalir ergiesst. In einem Beitrag der Vulkanforschungsgruppe der Hochschule heisst es, dass aus der neuen Ausbruchsstelle durchaus auch Lava in die Geldingadalir fliessen kann, wenn der neue Ausbruch anhalten sollte.
Die Aktivität der alten Ausbruchsstelle hat sich vermindert, und die Experten gehen davon aus dass die neue Ausbruchsstelle aus der gleichen Quelle gespeist wird die die alte. Die Lava fliesst mit einer Geschwindigkeit von fünf bis sechs Kubikmetern pro Sekunde, nach zweieinhalb Stunden hatten sich Berechnungen zufolge bereits 50 bis 60.000 Kubikmeter Lava angesammelt. Der Geophysiker Björn Oddsson sagte im Gespräch mit RÚV, dieser Ausbruch sei vollkommen unerwartet gekommen, es habe keinerlei Vorzeichen geben, wie etwa beim Ausbruch am Fimmvörðuháls. Genau das müssten die Leute im Hinterkopf haben, wenn sie einen solchen Ort besuchten: es könne jederzeit und überall passieren.
Warum sich diese Spalte öffnete und Lava freisetzte, ist bislang ungeklärt. Kristín Jónsdóttir, die Leiterin der Gruppe für Naturkatastrophen beim Meteorologischen Institut bezeichnete das Gebiet als gefährlicher als zuvor. Es gebe keine Möglichkeit, sich dem neuen Ausbruchsgebiet zu nähern, ohne sich in Gefahr zu begeben. Niemand könne wissen, wann sich weitere Spalten öffneten oder die Lava ihren Strom in eine andere Richtung lenkt. Sie befürchtet, dass Zuschauer dem Ort zu nahe kommen können und von der Lava eingeschlossen werden.
Zum Zeitpunkt des Ausbruchs hatten sich 400 bis 500 Besucher vor Ort befunden. Aufnahmen der Webcam zeigten, wie Dutzende von ihnen über den Berg in Richtung der Spalte liefen, bevor das Gelände geräumt wurde.
Noch ist unklar ob und wann das Gelände wieder geöffnet werden kann. Morgen trifft sich die Einsatzleitung und bespricht das weitere Vorgehen.
update 19.30
Mbl.is berichtet, dass die neue Spalte nur etwa 200 Meter vom Einsatzzelt des Rettungsteams Þorbjörn aus Grindavik entfernt liegt. Dort war in den vergangenen Wochen eine Art Auffanglager für verirrte, verletzte und erschöpfte Vulkanbesucher betrieben worden, ausserdem konnten die diensthabenden Freiwilligen und Einsatzkräfte sich im Zelt aufwärmen. Auf der Facebookseite von Þorbjörn heisst es, zum Glück habe sich die Spalte nicht am Zelt geöffnet, sonst hätte die Lage dramatisch ausgesehen. Das Zelt war in Windeseile zusammengelegt und in Sicherheit gebracht worden. Für die Freiwilligen von Þorbjörn seien mit der neuen Ausbruchsspalte die Voraussetzungen für Massenbesuche vor Ort nicht mehr gegeben, man prüfe derzeit Sicherheitsfaktoren und wie es weitergehen könnte.
Die Freiwilligen bitten darum, die Sperrung zu respektieren.
Ásta Rút Hjartardóttir, Geophysikerin an der Universität, sagte mbl.is gegenüber, das neue Ausbruchsgebiet sei auf der Karte eingezeichnet worden, und die Lage käme nicht unerwartet. Die Spalte ziehe sich als Fortsetzung der alten Spalte über das Land, es fehle allerdings ein Stück dazwischen. Sie würde sich nicht wundern, wenn sich alsbald eine dritte Spalte auf der Linie öffnen und die beiden Öffnungen verbinden würde.
In allen gesetzten Nachrichtenlinks findet sich beeindruckendes Foto- und Videomaterial, welches an anderen Orten meist nicht zu sehen ist.
Hier gibt es ein erstes Drohnenvideo, welches die Ausmasse der lavaspeienden Erdspalte, sowie den Lavastrom in die Meradalir zeigt.
Fotos vom isländischen Zivilschutz:
https://www.facebook.com/Almannavarnir/posts/4244255905606160