Die Trainerin und Hólar-Reitmeisterin Mette Manseth hat einen offenen Brief an die FEIF veröffentlicht:
“Als in meinem Facebookfeed die Nachricht auftauchte, dass Islandkandaren mit Zungenfreiheit im sportlichen Wettkampf wieder erlaubt sind, musste ich zweimal lesen, bevor ich noch mal zurückrollte und das Datum überprüfte, um zu sehen, ob das vielleicht eine alte Nachricht war. Dann musste ich ein drittes Mal lesen, um zu verstehen, was da los ist.
Sie war neu und sie bedeutet dass die FEIF auf Turnieren und Shows nun den Gebrauch von Gebissen erlaubt, welche unsere Pferde systematisch verletzen.
Das alte, auf wissenschaftlichen Veröffentlichungen beruhende Verbot wird durch “Bauchgefühl” durch, soweit ich weiss, unveröffentlichte Studien ersetzt (hoffentlich bekommen wir die noch zu sehen).
Dem offiziellen isländischen Tierschutzgesetz nach ist in Island jegliches Hebelgebiss mit Zungenfreiheit bei Turnieren und Shows verboten, und das kann auch die FEIF nicht ändern.
Gebisse mit Zungenfreiheit üben keinen Druck auf die Zunge aus, wie die meisten anderen Gebisse. Sie üben Druck auf die Knochen unter der Zunge aus (die Laden), wo das sehr empfindliche Periost (die Knochenhaut) nur von einer dünnen Haut geschützt wird – und kaum Druck verträgt. Der Druck des Gebisses auf den Knochen verursacht daher schnell Verletzungen und Schmerzen.
Da Hämatome und andere Druckverletzungen sich erst einige Stunden nach dem Vorfall zeigen und selten bluten, kann man sie nicht direkt nach dem Ritt feststellen. Wiederholter Druck auf ein Hämatom führt am Ende zu einer schmerzhaften Entzündung im Periost und kann auch den Knochen dauerhaft schädigen.
Die Studie, die in Island durchgeführt wurde, beruht auf Daten vom Landsmót und Íslandsmót, wo bis zu sechs Tage lang Prüfungen geritten werden, um sich für das Finale zu qualifizieren. Wiederholte Mauluntersuchungen zeigten, dass mit einer Ausnahme sämtliche Pferde, die auf Hebelgebiss mit Zungenfreiheit geritten wurden, am letzten Prüfungstag Verletzungen auf den Laden hatten.
Die Verletzungen wurden in den meisten Fällen in Bezug auf das Tierwohl als schwerwiegend betrachtet.
Die Studie hat keinen Unterschied in den Verletzungen identifizieren können, welche durch ungebrochene oder doppelt gebrochene Islandkandaren hervorgerufen wurden.
Dennoch erlaubt der Sportausschuss der FEIF nun die doppelt gebrochene Islandkandare mit Zungenfreiheit, während die ungebrochene Islandkandare weiterhin für nicht akzeptabel befunden wird.
Die Studie, die beim Landsmót/Íslandsmót durchgeführt wurde, kann man hier finden.
Interessanterweise heisst es auf der FEIF-Seite:
“Eine der Missionen der FEIF ist der Fokus auf dem Wohl der Pferde – und eins unserer Ziele ist es, das Wohl des Pferdes an erster Stelle zu haben, ganz gleich was wir tun. Dies ist ganz klar in den Grundregeln beschrieben, welche sich auf den FEI Code of Conduct beziehen. Die FEIF möchte die Wichtigkeit dieses Teils unserer Mission besonders betonen. Es gibt einen wachsenden Fokus auf Verletzungen von Pferden im Sport – vor allem Wunden im Maul und andere Wunden.”
In diesen Tagen befinden sich alle Pferdesportarten unter dem Mikroskop von Tierschutzorganisationen, und es gibt eine Menge Leute in der Welt, die laut ein Verbot von Pferden im Sport fordern.
Wir, die wir eine Leidenschaft für den Sport hegen und stolz darauf sein wollen, wir werden beweisen müssen, dass das Wohl des Pferdes für uns immer an erster Stelle steht, und dass wir Wissenschaft nutzen, um uns zu helfen, dem Pferd zu helfen. Nur auf diesem Weg können wir erklären, warum der Reiter nicht zu schwer ist für dieses “kleine” Pferd, warum die Ausrüstung, die wir benutzen, ihm keinen Schaden zufügt und wie unser Training und das Turnier glückliche, gesunde und langlebige Pferde hervorbringt!
Die Weltmeisterschaft war in vieler Hinsicht grossartig. Die Passdisziplinen waren herausragend durch langlebige Turnierpferde, und ich habe atemberaubende Ritte auf der Ovalbahn gesehen. Enttäuschung kam auf durch die Benutzung und die Menge von scharfen Gebissen auf dieser weichen, netten, freundlichen und leichtgängigen Pferderasse.
Warum müssen erwachsene, gesunde Menschen all dieses Material, Ketten und Zügel benutzen, um ein paar Runden auf einer abgezäunten Ovalbahn zu reiten? Betreten wir gerade das Zeitalter der Monsterzäumungen?
Für mich und viele Leute mit denen ich während und nach der WM gesprochen habe, war die Entwicklunhg offensichtlich, und ich erwartete, dass etwas getan wird, um eine Kehrtwende zu schaffen.
Dann kam die Nachricht, dass die FEIF eher ein Gebiss wieder zulassen will, welches sich bei Turnieren nachgewiesenermassen als gesundheitsschädlich erwiesen hat.
Und es ist nicht nur diese besondere Gebissart, es ist die Richtung, in die wir gerade marschieren, es ist die Botschaft, die wir verteilen. Viel naheliegender wäre es doch, weitere Forschungsaktivitäten zu anderen Gebissen mit Zungenfreiheit zu unterstützen, verletzen sie vielleicht auch die Pferde?
Und ich begann mich zu wundern – brauchen wir dieses Gebiss so dringend? Es war nun für einige Jahre verboten gewesen – sind wir dadurch irgendwie verletzt worden? Konnten wir nicht teilnehmen, weil wir dieses Gebiss nicht verwenden durften? Oder muss jemand mehr Gebisse verkaufen? Ich kann nichts finden, was auch nur annähernd diese Entscheidung des Sportausschusses stützen könnte.
Wir könnten Initaitoren sein, die dafür sorgen, dass unser Sport die Normen und Forderungen der Zunkunft erfüllt. Lasst uns unseren Sport, unsere Lebensart und nicht zuletzt unser Pferd schützen!”
Mette Manseth