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Die strickende Fehlerfrau

Merry christmess. Ja, wie bitte?

Es ist eine äusserst merkwürdige Rechtschreibseuche, die dieser Tage und Wochen in Reykjavík auf Mützen umhergetragen wird. “Nice to meat you” ziert den Rand des bunten Strickwerkes, oder auch “Midnight son”. Ähnlich tiefgründig sind die mit Fehler designten isländischen Motti (“takk fyrir konuna”, “þetta er húan min”, “rithöfhundur”) – und keineswegs Zufall, wie Designerin Hanna Jónsdóttir, die hinter dem neuen Trend steckt, uns versichert.

“Ein Freund aus Höfn war auf dem Weg zum alljährlichen Volksfest Þjóðhátið auf den Westmännerinseln und wollte, dass ich ihm eine Mütze stricke. Wir einigten uns auf den Schriftzug “Eystrahorn” (ein bekannter Berg und der Name der Tageszeitung in Höfn).” erzählt Hanna. Doch bei der Erstellung des Musters ritt sie der Teufel, das “y” verwandelte sich in ein “i”, aus Eystrahorn wurde mit Eistrahorn eine Anzüglichkeit, die für die Þjóðhátið durchaus passend ausfiel. “Ich wollte mal wissen, ob er den Mut hat, mich auf den Fehler aufmerksam zu machen,” grinst sie. “Oder ob er die Mütze einfach verschwinden lässt, weil’s peinlich ist.” Der Freund fand’s supercool. Und damit war die Seuche geboren.

Die zunehmende Masse von Rechtschreibfehler in Kurzbotschaften und Internettexten habe sie inspiriert, sagt sie. Jeder finde sich mit Fehlern ab, schaue drüber weg, meist ist ja nicht einmal Zeit, einen Text zu korrigieren.

Die Produktdesignerin hat ihr Handwerk an der Kunstakademie im holländischen Eindhoven gelernt. Ihr kleines Unternehmen heisst Ðyslextwhere, man erahnt das Wort Dyslexie. Bei anderen Wortkreationen muss man ganz schön nachdenken, bis der Fehler auffällt. “Handwash and lie fat to dry” etwa lautet die Waschanweisung für die handgestrickten Wollmützen in allen erdenklichen Farben. Ðyslextwhere möchte das alte Handwerk modernisieren, indem es Fehler systematisch kreiert. Und ein gestrickter Fehler ist ein ziemlich heftiger, weil seine Erschaffung länger gedauert hat.

Bislang hat Hanna ihren Familien- und Freundeskreis mit den dyslektischen Mützen versorgt, sie strickt etwa eine Mütze pro Tag. “Das ist wie eine Sucht,” sagt sie, “du kannst nicht mehr aufhören, du musst immer weitermachen. Ich stricke auch im Gehen.” Das kann sie wie die Frauen im alten Island, die sich sockenstrickenderweise mal eben zum Nachbarhof aufmachten.

In diesem Jahr ist sie nun zum ersten Mal auf Reykjavíker Weihnachtsmärkten unterwegs, hat zusammen mit ihrer norwegischen Freundin Ingrid Brandth einen ganzen Turm von Mützen geschaffen, und man kann Stunden damit zubringen, in den bunten Fehlern zu wühlen.

Ðyslextwhere ist auf Facebook zu finden. Man kann bei Hanna auch ein eigenes Motto bestellen, wenn man einen guten Fehler erschaffen hat.

Ihre neue Homepage mit tollen Fotos von Mützen in Island findet man hier.

Með ólik kindum. (með ólíkindum). Unglaublich.

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