Walfang in Island wieder erlaubt, aber mit strengen Regeln Skip to content
whaling Hvalur hf
Photo: A whale at Hvalur hf.’s whaling station.

Walfang in Island wieder erlaubt, aber mit strengen Regeln

Die kommerzielle Jagd auf Wale wird in Island wieder erlaubt. Allerdings muss das einzige Walfangunternehmen, Hvalur hf, dabei strengere Bestimmungen befolgen und sich noch mehr Überwachung gefallen lassen. Die Entscheidung war am Vormittag von Ministerin Svandís Svavarsdóttir nach einer Kabinettssitzung in Egilsstaðir verkündet worden. Am 20. Juni hatte Svandís ein zeitlich befristetes Jagdverbot erteilt, einen Tag bevor die alljährliche Jagdsaison hatte losgehen sollen.

Bestimmungen von 2022 reichten nicht aus
Im vergangenen Jahr hatte die Ministerin bereits die Bestimmungen verschärft, nachdem kritisches Bildmaterial von Aktivisten eingegangen war.  Sie entschied, dass es künftig der Veterinäraufsichtsbehörde MAST in Zusammenarbeit mit der Fischereibehörde obliegt, während der restlichen Jagdsaison 2022 an Bord der Walfangschiffe Bildmaterial zu sammeln und einen Abschlussbericht anzufertigen. In den später veröffentlichten Videos war zu sehen, dass die Wale bis zu viermal beschossen werden mussten, manche brauchten zwei Stunden, bis sie endlich tot waren, ein Wal quälte sich mehrere Stunden. Es wurden auch tragende Walkühe erlegt, eine Walkuh musste fünf Stunden lang verfolgt werden, weil sie mit der Harpune im Leib zu entkommen versuchte.

Der Fachrat für Tierwohl fand heraus, dass die Jagd- und Tötungsmethoden nicht mit den isländischen Bestimmungen zum Tierwohl in Einklang zu bringen sind, und der Bericht einer von der Ministerin im Juni diesen Jahres eingesetzten Arbeitsgruppe schlug nun Wege vor, die Zahl der „Abweichungen“ während der Jagdsaison zu senken. Die Arbeitsgruppe übermittelte ihren Bericht am 28. August und endete das Papier mit den Worten, es gebe „Möglichkeiten für Änderungen der Jagdmethode, die dazu beitragen können, die Zahl der Abweichungen bei der Jagd zu verringern und dadurch das Tierwohl zu erhöhen,“ wie es in einer Notiz des Ministeriums heisst.
„Die neue Walfangbestimmung wird daher detaillierte und strengere Anforderungen für die Jagdausrüstung, die Jagdmethode und vermehrte Aufsicht beinhalten“, so die Regierungsnotiz. Die Anforderungen beziehen sich auf Training, Ausbildung, Jagdausrüstung und Jagdmethoden“. Die Bestimmung gestattet nicht die Verwendung von Stromstössen während der Tötung der Beute, weil „verschiedene Fragen unbeantwortet bleiben in Bezug auf die mögliche Effektivität und auf die Auswirkung des Stromstosses während der Tötung.“, schreiben die Experten der Arbeitsgruppe. MAST und die Fischereibehörde tragen auch weiterhin die Verantwortung für die Aufsicht beim Walfang und müssen gegen Ende der Jagdsaison einen Bericht an das Ministerium übersenden..

Strenge Bestimmungen rund um Jagd und Schützen
Am Nachmittag sind die neuen Bestimmungen veröffentlicht worden. Demnach darf unter anderem nur noch bei Tageslicht gejagt werden, und die Harpune nur abgefeuert werden, wenn sichergestellt werden kann, dass der Schuss tödlich endet.  Sprengladungen ohne Leine dürfen nicht abgefeuert werden, die Schussentfernung darf nicht mehr als 25 Meter betragen, ausserdem muss ein bestimmter Schusswinkel eingehalten werden. Die Jagd auf Walkühe mit Kalb ist verboten, zudem dürfen anvisierte Wale eine vorgegebene Körperlänge nicht unterschreiten. Jeder Wal muss so rasch wie möglich getötet werden, um so wenig Qualen wie möglich zu erleiden. Der Schütze muss einen Kursus in Walbiologie absolviert haben, in dem es auch um Schmerzempfinden und Stress der Wale, sowie um ihre Stellung im Ökosystem gehen muss.
Diese und zahlreiche andere Vorgaben sind nicht nur einzuhalten, sondern auch im Logbuch einer jeden Fangfahrt in allen Einzelheiten zu dokumentieren. In den Jahren 2014, 2015 und 2018 hatten die Kapitäne der Walfangschiffe keine Logbücher über ihre Aktivitäten abgeliefert, doch trotz mehrerer Anzeigen war vom damaligen zuständigen Minister Kristján Þór Júlíusson keine Konsequenz gezogen worden.

Waljäger schon seit gestern in den Jagdgründen
Hvalur-Chef Kristján Loftsson befindet sich bereits seit gestern in den Jagdgründen und darf heute um Mitternacht den ersten Schuss abfeuern. Islands einziger Waljäger war sich seiner Sache offenbar sehr sicher gewesen, auch wenn er nicht besonders viel Zeit hat, um die veröffentlichten neuen Bestimmungen zu lesen und die verlangten Anforderungen für Training und Ausbildung seiner Mannschaft, sowie die neuen Jagdregeln umzusetzen.
Unklar ist, ob sich bereits eine behördliche Aufsichtsperson zu Dokumentationszwecken an Bord der Schiffe befindet.

Proteste und Gesetzentwurf zum Walfangverbot
In Reaktion auf die Entscheidung der Ministerin haben mehrere Tierschutzorganisationen eine Protestaktion für den Nachmittag angekündigt. Die Piratenpartei kündigte einen Gesetzentwurf zum Verbot des Walfangs an und verlangt, dass das isländische Parlament sich mit dem Walfang auch unter Umwelt- und Klimagesichtspunkten auseinandersetzt.
Der Ethikprofessor Henry Alexander Henrysson, der mit Sitz im Fachrat für Tierwohl an der Studie mitgearbeitet hatte, nach der es nicht möglich scheint, einen Wal auf humane Weise zu töten, zeigt sich ebenfalls unzufrieden mit der ministeriellen Entscheidung, berichtet Heimildin.  Anders als noch im Juni, so Henry, habe der Tierschutz jetzt keine Rolle mehr gespielt, als die Ministerin das Walfangverbot aufhob, denn mit den neuen Verordnungen sei es auch weiterhin nicht möglich, Wale auf humane Weise zu töten. Henry verlangt ausserdem, dass die Stromstossausrüstung von den Walfangschiffen entfernt werde, ein Anwendungsverbot von Stromstössen reiche nicht aus. Die Ministerin habe in der Zeit des Fangverbots sicher 100 Walen das Leben gerettet, für die verbleibende Zeit der Fangsaison könne man jetzt nur noch auf richtig schlechtes Wetter und hohen Wellengang hoffen.

Kontroverse bis in die Koalition hinein
Die kommerzielle Jagd auf Wale ist in Island in den vergangenen Jahren sehr kontrovers aufgenommen worden. Öffentliche Personen, Aktivisten und zuletzt auch internationale Prominente hatten die isländischen Behörden dazu aufgerufen, mit der umstrittenen Praktik endlich Schluss zu machen. Befürworter hatten mit dem wirtschaftlichen Wohlergehen der 150 Mitarbeiter argumentiert, die während der Saison weitaus mehr verdienen als andere in einem Jahr.
Im Februar 2022 hatte Ministerin Svandís Svavarsdóttir in einem Zeitungskommentar geschrieben, sie sehe nur wenig Berechtigung, den kommerziellen Walfang weiter zu betreiben, wenn die derzeit bestehende Lizenz für Hvalur hf. Ende des Jahres ausläuft.
Das heute auslaufende Walfangverbot hatte heftige Spannungen innerhalb der Reierungskoalition aus Linksgrünen, Unabhängigkeitspartei und Fortschrittspartei verursacht, einzelne Politiker hatten gar einen Misstrauensantrag gegen die Ministerin in Aussicht gestellt. Svandís hatte Vísir gegenüber angegeben, dass dies ihre Entscheidung nicht beeinflusst habe.

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