Parlament verabschiedet umstrittenes Ausländergesetz Skip to content
Jón Gunnarsson Alþingi
Photo: Golli. Jón Gunnarsson.

Parlament verabschiedet umstrittenes Ausländergesetz

Das isländische Parlament Alþingi hat gestern Abend das umstrittene Ausländergesetz verabschiedet und damit einen fünf Jahre andauernden Entscheidungsprozess zu einem Ende gebracht, berichtet RÚV. Die neuen Bestimmungen berauben Asylbewerbern ihrer Rechte, darunter das Recht auf Unterkunft und medizinische Hilfe, und zwar 30 Tage nachdem der Asylantrag abgelehnt wurde. Isländische Menschenrechtsorganisationen wie das Rote Kreuz, Amnesty International und UNICEF hatten das Gesetz zuvor heftig kritisiert.

Mehrheit im Parlament stimmt für Gesetz
Das Gesetz wurde mit 38 Stimmen gegen 15 Nein-Stimmen angenommen. Neun Abgeordnete waren nicht anwesend, darunter Premierministerin Katrín Jakobsdóttir, Aussenministerin Þórdís Kolbrún Reykfjörð Gylfadóttir und die Ministerin für Hochschulen und Innovation, Áslaug Arna Sigurbjörnsdóttir.
Alle anwesenden Abgeordneten der Koalition stimmten für das Gesetz, ausserdem die Abgeordneten der Volkspartei und ein Mitglied der Zentrumspartei. Gegen das Gesetz stimmten Abgeordnete der Sozialdemokraten, der Piraten und der Reformpartei. Ein Zusatz zum Gesetz, welcher den Umgang mit Kindern ohne Begleitung regelt und von den Sozialdemokraten vorgelegt wurde, fand hingegen Zustimmung. Mehr als 20 weitere Verbesserungen seitens der Piratenpartei wurden hingegen abgelehnt.
“Diese Angelegenheit bestätigt die Haltung, die ich seit langem hege, dass nämlich diese Regierung Flüchtlingen gegenüber feindlich eingestellt ist,” kommentierte die Abgeordnete der Piraten, Þorhildur Sunna Ævarsdóttir. “Das soll eine Botschaft aussenden, das soll die Botschaft senden, dass Leute das Land verlassen müssen, ansonsten werden sie auf die Strasse gesetzt, ohne Unterstützung und ohne Zugang zu minimalen Leistungen.”
Gestern Nachmittag hatten sich Demonstranten vor dem Parlamensgebäude versammelt, darunter auch Asylbewerber, die nach Verabschiedung des Gesetzes Unterkunft und Zugang zu Leistungen verlieren werden.

Illegale Abschiebungen durch isländische Behörden
Die isländischen Behörden hatten zuletzt juristischen Gegenwind für so einige Abschiebungen und Aktionen gegen Asylbewerber im Land erhalten. Das neue Gesetz hat dieses Vorgehen jetzt legalisiert. Im Jahr 2021 hatte die Ausländerbehörde (ÚTL) 20 vor der Abschiebung stehenden Männern Unterkunft und Essenszuteilungen entzogen. Der Berufungsausschuss für Ausländerangelegenheiten hatte diese Aktion später in einem Urteil als verboten bezeichnet.

Im vergangenen Dezember hatte das Reykjavíker Bezirksgericht geurteilt, dass die Abschiebung des irakischen Flüchtlings Hussein Hussein und seiner Familie im November 2022 einer legalen Grundlage entbehre. Diese Abschiebung hatte grosse Empörung in der Bevölkerung hervorgerufen, nachdem in Videos zu sehen war, wie der körperbehinderte Hussein mit Gewalt aus seinem Rollstuhl gezerrt wurde. Seine beiden minderjährigen Schwestern waren von der Polizei vor der Schule abgefangen worden. Kontroverse gab es auch, weil die Flughafenverwaltung Versuche unternommen hatte, eine Medienberichterstattung über die Abschiebung des kranken Flüchtlings zu verhindern.
Im letzten Jahr musste der isländische Staat Schmerzensgeld an eine albanische Flüchtlingsfrau zahlen, die im neunten Schwangerschaftsmonat deportiert worden war, obwohl ein medizinisches Gutachten vorlag, demzufolge ein langer Flug die Gesundheit der Frau gefährden könnte.

Kritik von Menschenrechtsorganisationen
Die erste Version des nun verabschiedeten Gesetzes war dem Parlament im Jahr 2018 vorgelegt, aber nicht verabschiedet worden. Die gestrige Version ist mindestens der vierte von Entwürfen, die allesamt jedesmal von Menschenrechtsbewegungen kritisiert worden waren.

“Dies ist ein Versuch der Regierung, eine Politik zu etablieren, die Flüchtlinge erheblich einschränkt, ihre Menschenrechte beschneidet und ihre Möglichkeiten verringert, Schutz in Island zu erhalten,“ schrieb die Aktivistin der Hilfsorganisation Solaris, Sema Erla Serdar, in einem Beitrag auf Twitter.
“Das Gesetz hat vor allem Kinder und Personen in besonders verletzlicher Lage im Visier.”

 

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