Ein Misstrauensantrag gegen Innenminister Jón Gunnarsson hat heute im Parlament Alþingi keine Mehrheit der Abgeordneten gefunden. Die Abgeordneten stimmten auf Linie, alle vier Oppositionsparteien, die den Misstrauensantrag gemeinsam gestellt hatten, stimmten für den Antrag, die Koalitionsparteien stimmten dagegen, berichtet RÚV. Der Misstrauensantrag war als Antwort auf die offizielle Ansicht der Parlamentsverwaltung gestellt worden, wonach der Minister das Gesetz gebrochen habe, als er verhinderte, das dem Parlament Unterlagen zu Staatsbürgerschaftsanträgen von der Einwanderungsbehörde vorgelegt wurden.
Gesetzesbruch von zwei Seiten befunden
Personen, die sich um eine isländische Staatsbürgerschaft bewerben, stehen zwei Wege offen: einmal der normale Weg über eine Bewerbung beim Amt für Einwanderung, und dann der Weg durchs Parlament, welches die Staatsbürgerschaft per Dekret verleihen kann. Für diesen Akt gibt es zwei Termine pro Jahr. In der Vergangenheit waren vor allem Personen in ausgesprochen schwierigen Lebenslagen, deren Antrag keine lange Wartezeit erlaubte, in den Genuss des Dekrets gekommen.
Dennoch laufen auch diese Anträge über den Schreibtisch der Einwanderungsbehörde, die die notwendigen Daten sammelt und das relevante Material ans Parlament weiterleitet. Dort werden die Daten dann vom Rechtsausschuss geprüft.
Im Dezember 2021 hätte das Parlament einer Gruppe von Antragstellern die Staatsbürgerschaft vor Weihnachten zusprechen sollen, doch daraus wurde nichts, weil die notwendigen Unterlagen von der Einwanderungsbehörde nicht vorgelegt worden waren. Die Behörde unterliegt der Zuständigkeit des Ministeriums für Justiz und Inneres. Minister Jón Gunnarsson hatte die volle Verantwortung für die Zurückhaltung der Dokumente übernommen und angegeben, Leute, die die Staatsbürgerschaft über das Parlament beantragten, sollten sich nicht “vordrängeln” dürfen.
Zum wiederholten Mal wurde nun die Vorgehensweise von Ministerium und Behörde als gesetzeswidrig bezeichnet: Ein Rechtsgutachten, das der parlamentarische Justizausschuss letztes Jahr erhalten hatte, stellte ebenfalls fest, dass die Einwanderungsbehörde gegen das Gesetz verstoßen hat, als sie die Staatsbürgerschaftsanträge nicht an das Parlament weitergab.
Minister unter Feuer
Premierministerin Katrín Jakobsdóttir sagte, die Regierungskoalition stehe auch weiterhin auf starken Füssen, allerdings kritisierte sie die Kommentare ihres Innenministers, die dieser am Dienstag im Kabinett abgegeben hatte.
Jón Gunarsson hatte erst kürzlich heftige Kritik einstecken müssen, als er im Alleingang entschied, die isländische Polizei mit Elektrotasern zu bewaffnen. In einem Brief an die Premierministerin hatte der parlamentarische Bürgervertreter befunden, Jón hätte das Kabinett über die Angelegenheit informieren müssen. Die Entscheidung des Ministers wurde eine Verletzung offizieller Bestimmungen genannt, die nicht mit guter politischer Arbeit vereinbar sei.