Auch der stille Mjóifjörður im Osten Islands ist vor den grossen Lachszuchtkonzernen nicht mehr sicher: zwar wird vorerst nichts aus einer Ausschreibung für neue Lizenzen, bevor der Gesetzgeber nicht ein Gesamtziel für die Branche formuliert und auf die Kritik des isländischen Rechnungshofes reagiert hat. Bereits vorliegenden Anträge auf Zuchtgebiete, die von der Ausschreibung nicht betroffen sind, werden allerdings dennoch bearbeitet, berichtet RÚV.
Die Ausschreibungen für Lachszuchtgenehmigungen im Mjóifjörður liegen solange auf Eis, wie die Überprüfung des Rahmenwerk für die meeresgestützte Fischzucht dauert. Die Ministerin für Fischerei, Landwirtschaft und Lebensmittel, Svandís Svavarsdóttir, hat für die Parlamentssaison 2024 einen Gesetzentwurf in Aussicht gestellt, der die industrielle Fischzucht in Island in eine klare Bahn bringen soll.
Lachszucht auf Ausschreibung?
Der Mjóifjörður in den Ostfjorden, der “enge Fjord”, könnte der erste Fjord des Landes werden, wo die meeresgestützte Fischzucht auf gesetzlicher Basis ausgeschrieben wird. Das funktioniert jedoch nicht rückwirkend, daher gehen die Standorte etwa in Seyðisfjörður und Stöðvarfjörður an die Parteien, die sie zuerst beantragt hatten.
Mit 75% hat sich in Seyðisfjörður ein grosser Teil der Bevölkerung gegen diese Industrie ausgesprochen, wie die Abgeordnete der Linksgrünen, Jódís Skúladóttir, gestern in einer Rede vor dem Parlament darlegte.
Sie sei gekommen um von dem “Horror” zu sprechen, der in ihrem Wahlkreis daheim gerade geschehe, und es sei beispiellos, dass weder Regierung noch Kommune oder sonst wer auf 75% der Einwohner hören könne, die dagegen seien. Es könne nicht sein, dass die industrielle Fischzucht auf Verlangen ausländischer Investoren einfach durchgedrückt werde.
Belastungsempfehlung für Mjóifjörður steht aus
Für den Mjóifjörður hatte das Marineforschungsinstitut auf Bitten des damaligen Ministers Kristján Þór Júlíusson ein Belastungsgutachten angefertigt.
Ein solches Gutachten über die Belastungsfähigkeit eines Standortes ist der erste Schritt in der Vorbereitung einer Region für die meergestützte Fischzucht: es wird beurteilt, wie der Fjord mit wieviel Lebendmasse in den Gehegen fertig wird. Eine in Tonnen angegeben Belastungsempfehlung liegt für den Mjóifjörður jedoch noch nicht vor, obwohl sowohl Fischkonzerne als auch Einheimische darauf drängen.
Ministerium arbeitet auf Hochtouren an Rahmengesetz
In einer Antwort des Ministeriums an RÚV heisst es, man arbeite daran, auf den Bericht des Finanzhofes zu reagieren, der unlängst auf erhebliche Mängel bei Verwaltung und Aufsicht über die Lachszucht hingewiesen hatte. Ausserdem liegt ein Bericht der Unternehmensberatung Boston Consulting Group zu Lage und Zukunft der industriellen Fischzucht in Island vor. Eine ministerielle Arbeitsgruppe, die sich mit Seuchenschutz in meeresgestützten Gehegen befasst hat, hat ihre Ergebnisse bereits abgeliefert, im Frühjahr soll eine weitere Arbeitsgruppe ihren Bericht zum Entkommen von Zuchtfisch aus den Meeresgehegen einreichen. Aus all diesen Ergebnissen soll dann innerhalb des Ministeriums ein neues Ziel erarbeitet werden, welches im Frühjahr 2024 dem Parlament als Gesetzentwurf vorgelegt wird.
Während also Politik und Ziele in der Fischzucht auf dem Prüfstand stehen, habe man entschieden, die Ausgabe neuer Lizenzen zu drosseln. Die Ausschreibung für den Mjóifjörður sitzt damit in der Warteschleife. Bereits vorliegende Anträge werden jedoch trotz der Formulierung neuer Ziele bearbeitet.