Die Kayakfahrerin und Naturschützerin Veiga Grétarsdóttir hat erneut Videos von von der Lachslaus befallenen und schwer verletzten Zuchtlachsen im Meeresgehegen des Fischereikonzerns Arctic Fish im Tálknafjörður veröffentlicht, berichtet Heimildin. Der Leiter der Abteilung für Fischzucht bei MAST, Karl Steinar Óskarsson, gab an, vergleichbare Zustände habe es in der isländischen Fischzucht noch nie zuvor gegeben.
Alle Fische in den Gehegen befallen
Sämtliche Zuchtlachse in den Gehegen sind verletzt und verstümmelt, weil ihnen die Lachslaus offene Wunden zugefügt hat, durch die Bakterien unter die Haut gelangten und die Fische von innen anfressen, bis diese verenden.
Etwa eine Million Fische ist durch die Lachslaus bislang verendet oder getötet worden, sagt Karl Steinar. Das Unternehmen habe den Befall gemeldet und dass man dagegen vorgehe. Karl zufolge ist dies der erste Fall in der Geschichte der isländischen Lachszucht, wo ein derartiges Lachslausproblem auftauche.
Bislang ist nicht bekannt, wie der Parasit in die Meeresgehege gelangt ist. Beim Unternehmen Arnarlax ist die Keulung der befallenen Lachse bereits beendet, bei Arctic Fish versucht man, mit der Keulung vor dem Wochenende fertig zu werden.
Genauere Zahlen dazu, wieviele Lachse aufgrund des Parasitenbefalls verendet seien, liegen Karl zufolge erst Mitte November vor. Ende September hätten sich etwa eine Million Fische in den von der Lachslaus befallenen Gehegen befunden.
Die Entwicklung sei im Oktober besonders schnell vorangeschritten. “In diese Wunden, die die Lachslaus in den Fisch beisst, dringen Bakterien ein, die sehr schnell wirken. Der Fisch wird kraftlos und verendet. Das passierte in einem Zeitraum von zwei Wochen im Oktober,” erklärt Karl Steinar. “Der Fisch war frei von Wunden, und zwei Wochen später dann das. Das ist nicht nur die Laus, die den Fisch von innen auffrisst, sondern die Kombination aus Lachslaus und Bakterien.”
Wegen der raschen Entwicklung habe MAST dem Unternehmen die Erlaubnis erteilt, ein Spezialschiff aus Norwegen kommen zu lassen, welches die toten Lachse dort aus den isländischen Gehegen pumpte, wo der Befall am stärksten war.
Drohnenaufnahmen zeigen toten Fisch
Veiga Grétarsdóttir hatte die Lachse mit einer Drohne aus 100 Metern Höhe gefilmt. Von der Umweltaktivistin liegen auch ältere Videos von zerrissenen Netzen und verschmutztem, leblosem Meeresboden unter den Zuchtgehegen vor.
Sie habe das ausländische Pumpschiff gesehen, das zuvor schon in Island gewesen sei, um toten Lachs an Bord zu pumpen. Was da vor sich gehe, habe sie aber erst beim Filmen bemerkt, auch dass da “alle” Fische, wie sie sagt, entweder befallen oder schon tot waren. Ein grosser Schock, sagt Veiga, soetwas habe sie noch nie gesehen. Die Fische hätten sich in drei Krankheitsstadien befunden – von der Laus befallen und verstümmelt, geschwächt oder gelähmt, oder tot an der Oberfläche. Kein Fisch sei unversehrt gewesen. Die schon länger toten Fische seien auf den Boden des Netzes gesunken.
Toter Fisch geht in Haustierfutter
Karl Steiner stellt klar, dass es verboten ist, toten oder gekeulten Fisch für die menschliche Ernährung zu nutzen. Der tote Fisch werde anderweitig verarbeitet, stirbt er von selbst, werden Nerze damit gefüttert, gekeulter Fisch gehe in die Herstellung von Haustierfutter.
Bei MAST arbeite man Karl zufolge nun daran, sicherzustellen dass sich solche Zustände in der isländischen Lachszucht nicht wiederholen. Unter anderem müssten die Fischzuchtunternehmen eine bessere Ausrüstung anschaffen, um reagieren zu können, wenn die Lachslaus im Bestand auftauche.
Im September waren die Lachse mit einer Sondergenehmigung in Medikamenten gebadet worden, doch hatte dies nur gegen ausgewachsene Läuse geholfen, nicht jedoch die Larven getötet.
Regeländerung in Arbeit
Die Fachtierärztin für Fischkrankheiten bei MAST, Berglind Helga Bergsdóttir, sagte RÚV gegenüber, die langen Genehmigungswege bei der Behörde hätten eine schnellere Reaktion auf das Problem verhindert. Auch das zuständige Ministerium arbeite bereits an einer geetzlichen Änderung. Vorgeschlagen wurde eine Erweiterung der Lizenzgebiete, sodass nur noch ein Unternehmen in einem Gebiet tätig ist.
Ausserdem prüfe man, ob die Fischdichte im Fjord einen Einfluss auf den Parasitenbefall habe, und ob der Fjord regelmäßig von allen Zuchtlachsen geleert werden sollte, damit das Gebiet sich zwischendurch erholen kann.
Geschäftsmodell mit 20% einkalkuliertem Verlust
Vísir berichtet, der Million toter Zuchtlachse stünden 80.000 Wildlachse in isländischen Flüssen gegenüber. “Diese Bilder zeigen uns schwarz auf weiss, wie diese Unternehmen arbeiten. Es ist wichtig, dass die Leute sich klarmachen dass die Fischzucht in offenen Meeresgehegen auf einem Geschäftsmodell basiert, wo man grosses Leiden und tote Tiere miteinkalkuliert.” erklärt Jón Kaldal, ein Sprecher des isländischen Naturschutzfonds. Das Geschäftsmodell gehe von einem jährlichen Verlust von 20% aus. Diese Tiere würden keines friedlichen Todes sterben.
Würde es hier um Säugetiere gehen, so Jón, wäre der Betrieb längst ausgesetzt worden. Er nennt das Vorgehen Vísir zufolge “verbrecherisch”, und seiner Ansicht nach “gehörten die Verantwortlichen ins Gefängnis”.