In vergangenen Zeiten lebte in Island eine isländische Unterart des Walrosses, ihr Bestand wurde jedoch während der Besiedlungszeit vor 1100 Jahren vollständig ausgerottet.
Ein Team internationaler Wissenschaftler hat das Rätsel um die verschwundenen Walrösser nun gelöst, berichtet RÚV. Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass der Walrossbestand und seine Ausrottung ein erstes denkbares Beispiel für die Übernutzung eines Meereslebewesens sein könnte.
Die Jagd auf die Tiere und der Handel mit Stosszähnen, Häuten, Fleisch und Tran gelten als hauptsächliche Verursacher für die Ausrottung des isländischen Walrosses, heisst es in einer Mitteilung des Forscherteams.
Zu Wikingerzeiten waren Walrösser beliebte Jagdbeute. Die Häute nutzte man für Kleidung und für Taue, die an den grossen Segeln der Wikingerschiffe Anwendung fanden, erklärte der Biologe Hilmar J. Malmquist vom Naturhistorischen Institut.
Der Tran war ebenfalls begehrt, er wurde sowohl als wasserfeste Abdichtung der Schiffsswand genutzt, als auch als Schutz gegen Muscheln, die sich in die Schiffswände hineinbohrten und diese zerstörten.
Die Stosszähne wurden damals Elfenbein des Nordens genannt und galten als echte Schätze. Künstlerisch begabte Menschen, Frauen wie Männer, schnitzten schöne Muster in die Zähne. “Könige erhielten Stosszähne als Geschenk, und auch ganze Schädel. Das galt als ausgesprochen bemerkenswerter Gegenstand, und das ist es bis heute.” sagt Hilmar.
Aber auch die Erderwärmung nach der kleinen Eiszeit und die grossen Vulkanausbrüche könnten am Verschwinden der Walrösser aus Island beteiligt sein, heisst es in der Mitteilung.
Hilmar zufolge nagen die globalen Veränderungen, wie etwa die Erwärmung der Erde am Bestand von Walrössern und anderen Arten. Zu der Zeit, wo das Walross in Island gelebt hatte, war es relativ warm gewesen und es hatte nur wenig Eis gegeben. Es hatten sich auch ungewöhnlich viele Vulkanausbrüche ereignet, besonders in den Regionen, wo sich die Walrösser bevorzugt aufhielten.
“Die neuste These der Wissenschaftler zu Siedlungs- und Naturgeschichte vergangener Zeiten stützt sich darauf, dass die Nachfrage nach Produkten von Meerestieren und Vögeln hier in Island viel eher die treibende Kraft hinter der Landnahme war als das strenge Regime in Norwegen, oder politische Meinungsverschiedenheiten.” erklärt Hilmar. Das habe die Besiedlung weitaus mehr vorangetrieben als man bislang angenommen habe.
Das Vorkommen der Walrösser hier in Island und ihr Verschwinden hatten Wissenschaftlern lange Kopfzerbrechen verursacht.
Die neusten Forschungsergebnisse wurden in der Zeitschrift Molecular Biology and Evolution veröffentlicht. Beteiligt an dem Projekt waren Forscher aus Island, Dänemark und den Niederlanden, untersucht hatten sie Alter und Erbgut von Knochen, die vor allem im Südwesten, Westen und in den Westfjorden gefunden worden waren. Die meisten Knochen waren mit der Brandung auf der Halbinsel Snæfellsnes an den Strand gespült worden. Man hat, so heisst es in der Mitteilung des Naturhistorischen Institutes, jedoch auch Knochen in Hausfundamenten, bei Ausgrabungen und bei Hafenarbeiten gefunden.
Hier kann man in einem kurzen Film sehen, wie ein vermutlich 2000 Jahre alter Walrossschädel vermessen wird, der im Jahr 2015 in Snæfellsnes von deutschen Touristen am Strand gefunden worden war. Damals keimte zum ersten Mal der Verdacht auf, dass Walrösser einst wohl zur Fauna Island gehört haben.
Zur selben Zeit wurde auch darauf hingewiesen, dass es weitaus mehr Funde gegeben habe, die jedoch in Koffern von Touristen und Sammlern ausser Landes gereist seien.
Das Mitnehmen von solchen Funden, sei es in tierischer, pflanzlicher oder geologischer Form, ist dem isländischen Gesetz nach verboten.