In der vergangenen Woche hatten Pläne für weitere Servicegebäude am Naturbad von Landmanalaugar die Gemüter von Islandfreunden wie Einheimischen erhitzt, aber offenbar ist in Sachen Hochlandperle noch mehr in Arbeit. RÚV zufolge gibt es Pläne für Bauwerke auf einem bisher unberührten Areal von neun Hektar. Landmannalaugar ist der wohl beliebteste touristische Ort im isländischen Hochland, rund 130.000 Gäste besuchen jährlich die Oase inmitten bunter Ryolithberge. Und weil das eine hohe Besucherzahl ist, hält man es für notwendig, die Infrastruktur entsprechend aufzubauen. Das Gelände steht unter Naturschutz.
Gästezentrum, Hütten und Schwimmbad
Sollten Pläne der Gemeinde Rangárþing ytra in die Tat umgesetzt werden, wird auf einem bislang unberührtem Areal ein Gästezentrum mit Restaurant für 50 Personen, Toilettenanlage, Geschäft und ähnlichem entstehen, ausserdem sechs Hütten für insgesamt 120 Personen. Des weiteren ist eine künstliche Badelagune mit Umkleide- und Servicegebäude geplant. Das neue Zentrum soll durch hölzerne Stege mit dem derzeitigen Servicegebäude verbunden werden. Bis auf die Hütte des isländischen Wandervereins sollen alle Gebäude dort beseitigt bzw in die Námshraun verlagert werden.
Kein Platz mehr für Schulbusshop
Das gilt auch für den Shop, der seit 30 Jahren in Landmannalaugar Besuchern das Allernotwendigste verkauft. Alexander Máni Kárason und seine Frau Íris Þóra Sverrisdóttir betreiben diesen Shop, den Íris’ Eltern einst gegründet hatten. Begonnen hatten die mit vor Ort gefangenem Fisch, den sie aus dem Kofferraum verkauften, dann kamen die alten Schulbusse, die inzwischen unzählige Wanderer mit Trockenfrüchten, Jerky, Schokolade und Handtüchern aus misslichen Lagen gerettet haben. Die Busse befinden nur im Sommer auf dem Gelände, zum Herbst hin bringen Alexander und Íris ihren Laden wieder nach Hause, denn Landmannalaugar sei ja Friedland. Beide glauben, dass das letzte Stündlein ihres ungewöhnlichen Shops geschlagen hat, wenn die Baupläne umgesetzt werden. Denn wer im neuen Servicegelände einen Laden betreiben will, muss dort ein Grundstück kaufen oder pachten. “Das muss dann ein Haus mit Grundstücksnummer sein, und natürlich bekommen diese Busse keine Grundstücksnummer. Tatsächlich würde der Flächennutzungsplan dieses Unternehmen einfach abschaffen.” sagt Alexander.
Mehr Ausbau, mehr Besucher?
Auf dem neuen Campingplatz ist Platz für mindestens 150 Zelte und 50 Wohnmobile. Für Busse sind 30 Parkplätze geplant, für PKW immerhin 190, auch wenn die Strasse nach Landmannalaugar bislang noch ein geländegängiges Fahrzeug erfordert. Sollte diese Strasse jedoch asphaltiert werden, darf mit einem massiven Anstieg der Gastzahlen gerechnet werden. Das glaubt die isländische Planungsbehörde, die zu Monatsbeginn ihre Einschätzung zur Umweltauswirkung der Bauprojekte abgegeben hatte.
Unklar ist zum Beispiel, wie viele Übernachtungsplätze es geben soll. An einer Stelle war die Rede von 120, an einer anderen Stelle werden sechs Hütten für jeweils 20 Personen genannt, zusätzlich zur Hütte des isländischen Wandervereins, die 78 Personen Platz bietet.
Die Hütte des Wandervereins wird seit dem Jahr 1951 betrieben. Vereinspräsidentin Ólöf Kristín Sívertsen sagt, die meisten, die dort hinkommen, suchten die unberührte Weite und wollen die Natur geniessen. Mit dem veränderten Serviceangebot wolle man offenbar eine andere Zielgruppe ansprechen.
“Es hängt alles davon ab, wie viele Touristen wir haben wollen, und möglicherweise kommt zu der Gruppe, die Landmannalaugar bereits besucht, eine neue Gruppe hinzu“, meint Ólöf. „Und durch das Erweitern, Verändern und Verbessern, so glauben wir, wird es tatsächlich mehr Touristenverkehr in der Gegend geben, was vielleicht nicht unbedingt das ist, was wir wollen.”
Die Planungsbehörde ist der Ansicht, es sei besser die Anlagen im bestehenden Servicezentrum zu verbessen, als neue Bauprojekte in unberührtem Gelände anzufangen. Der isländische Wanderverein ist der gleichen Meinung. “Wir glauben, die vielleicht vielversprechendste Option besteht darin, mit dem bereits genutzten Gebiet zu arbeiten, also das, wo sich bereits Gebäude und Einrichtungen usw. befinden, und die besser auszuführen,” sagt Ólöf.
Eine Baugenehmigung für das Grossprojekt wird es sowieso auch erst geben, wenn die Ergebnisse einer Umfrage unter den Touristen vorliegen. Das hatte die Planungsbehörde unlängst verlangt.
Umweltbehörde: Bauwerke von Thermalquelle entfernen
Islands Umweltbehörde hatte keine Einwände gegen das Bauprojekt, dort sieht man nur positive Effekte.
“Dieser ganze Aufbau ist von Vorteil,” meint Inga Dóra Hrólfsdóttir, die Bereichsleiterin für Naturschutz bei der Umweltbehörde. “Der jetztige Zustand ist eine Zumutung, und das schon seit langem.”
Ihrer Ansicht nach wäre es gut, die Einrichtungen zu verlagern, und so weit wie nur möglich von der Naturperle – der Thermalquelle – wegzuholen, immerhin sei es ja die Quelle und die Landschaft drumherum, die die Leute vor allem besuchten.
Sie glaubt auch nicht, dass Landmannalaugar dadurch seinen Charme verlieren und zu einem normalen touristischen Hotspot werden würde.
“Verbesserter Service für Touristen ist natürlich eine gute Sache, aber es kommt darauf an, wo er stattfindet,” sagt Inga Dóra.