Grindavík: Tiefer Graben verläuft quer durch den Ort, Ausbruch innerorts rückt ins Bild Skip to content
ICE-SAR near grindavík
Photo: Slysavarnafélagið Landsbjörg – Submitted.

Grindavík: Tiefer Graben verläuft quer durch den Ort, Ausbruch innerorts rückt ins Bild

Islands Regierung und die Tourismusbranche haben als Reaktion auf die Lage in Erdbebengebiet von Grindavík einen Notfallplan aktiviert, mit dem die Sicherheit von Touristen sowie der Informationsfluss zwischen der Branche und dem Katastrophenschutz gewährleistet werden soll.
Auch eine zeitlich begrenzte Sondersteuer für Hausbesitzer, um den geplanten baulichen Schutz von wichtigen Infrastrukturen auf der Halbinsel zu finanzieren, ist im Gespräch.

Riesige Spalte quer durch den Ort
Weiterhin ist die Situation auf der Halbinsel Reykjanes angespannt. Quer durch den evakuierten Küstenort Grindavík verläuft ein Graben, der an einigen Stellen bis zu einen Meter tief eingebrochen ist, und zwar dort, wo der Magmagang in weniger als einem Kilometer Tiefe liegt. Auf der Facebook-Seite der Vulkan- und Katastrophenschutzgruppe des Südlandes heisst es, das Vorhandensein dieses Grabens sei Ortskundigen bekannt gewesen, er trage den Namen Stamphólsgjá. Der Graben sei nun offenbar massiv auseinandergedriftet, und Erdreich sei in die Tiefe gerutscht. Nach Ansicht der Experten sei das Entstehen des Grabens eine direkte Auswirkung des Magmaeinschusses.
Der Vulkanologe Haraldur Sigurðsson glaubt, die Halbinsel sei durch die Bewegungen der Erdkruste dabei, auseinanderzubrechen. Er hält die Krustenbewegung sogar für eine der bemerkenswertesten Ereignisse der isländischen Geologiegeschichte.

Ausbruch im Ortsinneren immer wahrscheinlicher
Der Vulkanologe Þorvaldur Þórðarsson sagte in den Abendnachrichten auf Stöð2, der oben genannte Graben sei ein Hinweis darauf, dass die Magma ganz dicht unter der Oberfläche lauere. Und dass es nicht mehr weit bis zum Ausbruch sei, seinem Dafürhalten sogar innerhalb der Ortsgrenzen von Grindavík. Die Erdbeben der letzten Tage hätten sich allesamt entlang einer 2000 Jahre alten Spaltenreihe ereignet, und offenbar nutze die Magma diese vorhandene Schwäche in der Erdkruste. Þorvaldur bezeichnete dies als das schwärzeste Szenario.
Unverändert gibt es drei Szenarien – Magma tritt an irgendeiner Stelle entlang der 15 Kilometer langen Spalte an die Oberfläche, oder es kommt zu einer Unterwassereruption am südlichen Ende des Magmaganges, oder der gesamte Prozess kommt zum Stehen.

20 Bürger durften ganz kurz nach Hause
Nach einer Sitzung der Einsatzkräfte war am Nachmittag beschlossen worden, den rund 20 Bewohnern des östlichsten Ortsteils von Grindavík, Þorkötlustaðahverfi, zu erlauben, in Begleitung von Rettungsleuten zu ihren Häusern zu fahren und das Allernotwendigste herauszuholen. Eine Fahrt in den Ort hinein wurde hingegen als zu gefährlich erachtet, und so kamen nicht mehr Bewohner in den Genuss, noch einmal nach Hause zu können. Während der Aktion befand sich ein Hubschrauber der Küstenwache in Keflavík in Alarmbereitschaft. Für die gesamte Region gilt die Gefahrenstufe.
Einer Bewohnerin des Þorkötlustaða-Viertels gelang es, in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit ihre 20 Schafe aus dem Stall auf einen Anhänger zu verladen und aus der Gefahrenzone zu bringen. Für andere Tiere in dem vollständig evakuierten Ort sieht es hingegen nicht so gut aus.

Am Abend kündigte der Zivilschutz an, niemand werde mehr in den Ort gelassen. Freiwillige aller isländischen Tierschutz- und Kleintierverbände hatten zuvor sämtliche Adressen und Haustiere in einer Liste zusammengefasst und standen mit Transportboxen vor dem Sperrposten, um in einer konzertierten Aktion die Haustiere abzuholen, sie erhielten jedoch aus Sicherheitsgründen von den Behörden kein grünes Licht. In einer öffentlichen Mitteilung verlangten die Verbände, ihre Rettungsaktion durchführen zu dürfen. Zählungen zufolge befanden sich am Mittag um die 300 Kleintiere und Haushühner im Ort, 20-50 Pferde (die Zahlen schwanken), um die 200 Schafe, sowie eine Hähnchenmastanlage mit 15.000 Tieren.

Alle Pferde gerettet, Schafe laufen frei
Am Nachmittag wurde bekannt, dass es Freiwilligen gelungen war, mit Behördengenehmigung einen Teil der Pferde im westlichen Ortsteil abzuholen. In seinem Facebookbeitrag schreibt Arnar Kárason, das sei schwieriger gewesen als erwartet, weil die neue Spalte quer über die Weide führte. Von seiner Reise brachte er auch dieses Video mit, wo ein tiefes Loch unter dünner Asphaltdecke zu sehen ist. In einer Pferdegruppe auf Facebook hiess es am späten Nachmittag, dass alle Pferde aus dem Ort geholt, und offenbar auch alle noch verbliebenen Schafe aus den Ställen freigelassen wurden.

Zivilschutzleiter Víðir Reynisson sagte am Abend, man entscheide morgen früh je nach Lage, ob weitere Bewohner in Fahrzeugen der Einsatzkräfte in den Ort gelassen werden können. Der heutige Tag sei gut verlaufen, und die Einsatzkräfte hätten jetzt ein Gefühl dafür bekommen, wie viele Bewohner auf einmal durchgelassen werden konnten.

Schwere Schäden an Strassen und Häusern
Im Ort sind überall grosse Schäden an Gebäuden, vor allem aber am Strassenbelag festgestellt worden, daher ist ein Privatverkehr durch die Wohngebiete ohnehin ausgeschlossen. Teilweise ist das Heisswasserleitungsnetz zerstört, und auch der Strom ist an einigen Stellen des Ortes ausgefallen. Da jedoch die Erdbebenaktivität nachgelassen hat, kann es nach Ansicht von Experten jederzeit an jeder beliebigen Stelle und ohne vorherigen Tremor zu einer Eruption kommen.
Der Flug von Drohnen über dem Ortsgebiet ist strikt untersagt.

Warme Grüsse aus Heimaey
Die Gemeinde der Westmännerinseln hat heute in einem Schreiben an die Bewohner von Grindavík warme Unterstützungsgrüsse übermittelt und versichert, dass die Inselleute alles in ihrer Macht Stehende tun würden, um den Grindavíkern zu helfen. Schon jetzt hätten viele auf der Insel Wohnraum und andere Hilfe angeboten, sicher in Erinnnerung dessen, wie gross die Hilfe Grindavíks gewesen ist, als im Jahr 1973 der Vulkan auf Heimaey ausbrach – das werde niemals vergessen. Damals war die Inselbevölkerung in der gleichen Nacht noch per Schiff abtransportiert und in Grindavík erstuntergebracht und versorgt worden.

Andacht für die Grindavíker Bürger
Am Nachmittag hat in der Hallgrímskirche in Reykjavík eine Andacht stattgefunden, um der Betroffenen von Grindavík zu gedenken. Die Ungewissheit, wie es weitergehe, sei für viele sehr schwer zu ertragen, sagte die Pfarrerin von Grindavík, Elísabet Gísladóttir. Zur Andacht hatten sich auch Staatspräsident Guðni Th. Jóhannesson und die First Lady Eliza Reid eingefunden, sowie Mitglieder der Regierung. Bürgermeister Fannar Jónasson erinnerte daran, dass seine Bürger viel ertragen mussten, immerhin habe man den unangenehmen Nachbarn schon ein paar Jahre neben dem Gartenzaun. Er versicherte, dass alles nur Erdenkliche im Interesse der Bürger getan werde, dennoch hoffe man, dass es zu keiner Eruption komme.

 

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