Die Leitwerte im Wasser des Gletscherflusses Skaftá steigen, und auch der Wasserspiegel am Sveinstindur ist an diesem Morgen angestiegen. Damit wird klar, dass sich in der Skaftá unterhalb des Vatnajökull derzeit ein Gletscherlauf ereignet. Mit hoher Wahrscheinlichkeit stammt die Flut aus dem westlichen der beiden Eiskrater, welcher zuletzt im Jahr 2019 übergelaufen war. Nicht unwahrscheinlich ist, das sich der östliche Krater ebenfalls entleeren könnte.
Zusätzlich zu erhöhten Leitwerten und steigendem Wasserpegel hat die Vulkanabteilung des isländischen Wetteramtes auch Schwefelgeruch in der Region um Skaftá und Hverfisfljót festgestellt. Man geht davon aus, dass diese Veränderungen nicht durch Gletscherschmelze oder Regen verursacht wurden, sondern durch den Beginn eines Gletscherlaufs.
Gegen Mittag war der Wasserdurchfluss der Skaftá am Sveinstindur mit 290 Kubikmeter pro Sekunde gemessen worden, Experten zufolge dürfte er 750 Kubikmeter nicht übersteigen. Es könnte allerdings sein, dass sich Wasser aus dem östlichen Krater hinzugesellt, wie es im August 2018 geschehen ist.
Alle Reisenden in der Flutregion müssen sich darüber im Klaren sein, welche Szenarien auftreten können:
– In der Skaftá herrschen für die kommenden zwei bis drei Tage Flutbedingungen. Nicht asphaltierte Strassen in Flussnähe können überflutet werden.
– Aus dem Flusswasser steigt Schwefelwasserstoff empor. Das giftige Gas ist besonders gefährlich an der Eisgrenze. Ein Aufenthalt an den Randbereichen von Skaftárjökull, Tungnaárjökull und Síðujökull kann während des Gletscherlaufes lebensgefährlich sein.
– Rund um den Eiskrater können sich im Handumdrehen Spalten öffnen. Bergwanderer auf dem Vatnajökull sollten der gesamten Region fernbleiben, inklusive den unteren Bereichen von Skaftárjökull und Tungnaárjökull, wo die Fluten jederzeit durch die Eisoberfläche brechen könnten.
Gletscherläufe in der Skaftá stammen aus zwei Eiskratern, die durch die ständige geothermale Aktivität unter der Eiskappe des Vatnajökull geformt werden. Sie entleeren sich durchschnittlich alle zwei Jahre und fördern Fluten mit bis zu 1500 Kubikmeter pro Sekunde. Wenn das Intervall zwischen zwei Fluten eher kurz ist, fällt die Flut kleiner aus. Der östliche Krater produziert die grösseren Fluten. Seit dem Jahr 1955 ist der Fluss Skaftá mindestens 58 Mal geflutet worden, wobei jeder Krater sich im zweijährigen Rhythmus entleert.