Von gestern Morgen 10 Uhr bis heute Mittag sind mehr als 1600 Erdbeben am Fagradalsfjall auf der Halbinsel Reykjanes aufgezeichnet worden. Die Beben waren im ganzen Südwesten und bis nach Borgarnes zu spüren gewesen. Der isländische Zivilschutz war heute morgen mit Polizei und Einsatzkräften zu einer Lagebesprechung zusammengetroffen. Kurz darauf wurde für die Region die Ungewissheitsstufe ausgerufen. Diese zweite Warnstufe ermöglicht Einsatzkräften im Ernstfall ein schnelleres Handeln. Der Flugcode ist bislang unverändert, aber der Farbcode des Wetterdienstes ist in orangefarben geändert worden.
Landhebung seit April im Gange
Das Land auf der Halbinsel hatte sich bereits im April zu heben begonnen. Bis gestern hatte es jedoch keinerlei Anzeichen dafur gegeben, dass ein Vulkanausbruch bevorsteht. Um 10 Uhr gestern Morgen begann dann jedoch am Fagradalsfjall ein Bebenschwarm, der immer noch anhält. Das stärkste Beben hatte eine Stärke von 4,8 heute Morgen um 8.21 Uhr, um 10 Uhr folgte eines mit einer Stärke von 4,1.
In einem Report der Erdbebenabteilung beim isländischen Wetterdienst heisst es, dass schon im Juni über tausend Erdbeben registriert wurden, größtenteils beim Erdwärmekraftwerk Svartsengi, am Fagradalsfjall und am See Kleifarvatn. Die tiefe seismische Aktivität hat dem Bericht zufolge bereits seit Jahresbeginn zugenommen. Aktuelle Gas- und Temperaturmessungen zeigen, dass das Lavafeld, das sich im August 2022 in die Meradalir ergossen hatte, immer noch ausgast. An einigen Stelle waren Temperaturen von über 219 Grad gemessen worden. Modellen zufolge könnte es sich um einen Magmaeinschuss in 15 Kilometern Tiefe handeln.
Intrusion ähnlich wie vor dem letzten Ausbruch
Die Region wird engmaschig überwacht. In einem Interview mit RÚV hatte der Experte für Naturkatastrophen, Magnús Freyr Sigurkarlsson am Morgen angegeben, die Intrusion könnte sich in einer Tiefe von fünf Kilometern zutragen, dort gebe es offenbar eine Magmaansammlung. Die Entwicklung sei ähnlich der im vergangenen Jahr kurz vor dem Ausbruch, damals hatte es ebenfalls eine Intrusion gegeben, und fünf Tage später war die Lava an der Erdoberfläche zu sehen gewesen.
“Wenn das so weitergeht, gibt es die Möglichkeit eines Ausbruchs innerhalb weniger Tage,” sagte Magnús. Es habe auch den Anschein, als ob die Erdbeben näher an die Erdoberfläche gestiegen seien.
Der Vulkanologe Magnús Tumi Guðmundsson sagte Vísir gegenüber, die Magma habe es diesmal eher leicht, voranzukommen, weil das Gestein noch sehr heiss und durchlässig sei. Aber auch diesmal sei es ungewiss, ob es ihr gelinge, die Erdoberfläche zu durchstossen oder nicht. Wenn die Entwicklung unverändert so weitergehe, bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen Ausbruch.
Gelände ist Gefahrengebiet
Touristen werden dringend davor gewarnt, das alte Lavagebiet zu betreten. Stellenweise ist die Oberfläche sehr dünn, und man kann sich schwer verletzten, wenn man durch die Lava bricht. Vielerorts ist es unter der Oberfläche noch sehr heiss. Ausserdem besteht durch die Erdbeben die Gefahr von Steinschlag und Bergrutsch. Die freiwillige Rettungseinheit Þorbjörn aus Grindavík steht für den Einsatz bereit, immerhin haben sich seit dem letzten Ausbruch pro Tag bis zu 800 Besucher auf demn Wanderwegen im Gelände befunden. Bislang stehe keine Sperrung des Gebietes an.
Die Erdbebenaktivität kann man auf dieser interaktiven Karte mitverfolgen.