Der isländische Papageitaucherbestand ist in den vergangenen drei Jahrzehnten um 70% zurückgegangen. Der Leiter der isländischen Tourismusverbände sieht das als schlechte Nachricht für das Ökosystem und für Unternehmen in der Branche, die den bunten Vogel als eine Art nationales Wahrzeichen vermarkten. Ein Biologe ist der Ansicht, dass die Bestimmung zu Jagd und Verkauf von Papageitaucherfleisch auf den Prüfstand gehört.
Experten von starkem Rückgang überrascht
Immerhin 20% des weltweiten Bestandes brüten auf der Insel, vor allem auf den Westmännerinseln. Der isländische Bestand ist zwar gross im Vergleich zu anderen Vogelarten, vom Rückgang aber schwer betroffen.
In einem Interview mit RÚV erklärte der Biologe Erpur Snær Hansen, dass die letzten Daten auf einen Rückgang von etwa 70% seit 1995 hinweisen. Zuvor war man von einem Rückgang von nur 40% ausgegangen.
“Wir haben die Bestandsentwicklung noch nie zuvor untersucht, und es war ein kleiner Schock, als wir feststellten, dass es viel schlimmer ist als erwartet.”
Die Bestände schwankten zwar von Natur aus, aber die neusten Untersuchungen zeigten ein bisher nicht dagewesenes Muster.
“Der aktuelle Rückgang scheint neu zu sein. Diese so kontinuierliche Verzögerung beim Nisten und die schlechten Jahre für Jungvögel hat es in den 140 Jahren, die wir uns angeschaut haben, nicht gegeben.“ Der Grund, sagt Erpur, sei vor allem ein Nahrungmangel, der auf die Meereserwärmung zurückzuführen sei.
Jagd auf Papageitaucher nicht nachhaltig
Zusätzlich ist die Jagd auf Papageitaucher für mindestens 10 Prozent des Bestandsrückgangs verantwortlich.
Erpur betont, dass die Jagd auf Papageitaucher nicht nachhaltig ist, auch wenn die Vögel insgesamt immer weniger gejagt würden. “Grundsätzlich ist eine Jagd schrumpfender Bestände keine gute Philosophie.”
“Im Frühjahr wurde in Zusammenhang mit der Umweltbehörde und Wissenschaftlern darüber nachgedacht, die Auswirkung eines Verkaufsverbotes zu prüfen, weil man sich nicht gerade beeilt, die Vogelart unter Schutz zu stellen. Diese an Landbesitz gekoppelte Art der Jagd scheint eine merkwürdige Ausnahme von normalem Menschenverstand zu geniessen.”
Papageitaucher begeistert Vogeltouristen
Auch die Tourismusindustrie ist besorgt über die Entwicklung. Jóhannes Þór Skúlason, der Vorsitzende der isländischen Tourismusverbände, betonte Vísir gegenüber die negativen Auswirkungen des Bestandsrückgangs auf die Tourismusindustrie:
“Das ist natürlich nicht gut für das Ökosystem und erst recht nicht gut für den Tourismus, der sich den Papageitaucher als Wahrzeichen auf die Fahnen geschrieben hat. Dieser Vogel ist so unglaublich schön und besonders. Im Borgarfjörður eystri das Nisten mitzuverfolgen, in der Reynisfjara, im Westen und auf den Westmännerinseln, das schafft so ein unglaubliches Erlebnis für alle, die Island besuchen. Das wäre wirklich eine Schande, wenn sich der Bestand nicht wieder erholen würde.”
Mancher Tourist komme gar ausschliesslich wegen der Papageitaucher nach Island, so Jóhannes. “Vor allem aus Ländern, wo der Papageitaucher unter Naturschutz steht und daher weniger zu sehen ist.”
Die stetigen Veränderungen in der Biospäre können den Tourismus treffen, meint Jóhannes: “Wir haben schon gesehen, wie sich das Nistverhalten der Küstenseeschwalben verändert, wie sie Brutgebiete umziehen, da gibt es allerhand Grund zur Besorgnis.”