Zweistündiger Todeskampf eines Wals und die Lizenzfrage Skip to content
Photo: Hard to Port.

Zweistündiger Todeskampf eines Wals und die Lizenzfrage

Auf einem der Überwachungsvideos, die im letzten Sommer auf den Walfangschiffen aufgenommen worden waren, ist der zweistündige Todeskampf einer Finnwalkuh zu sehen. Der Wal hatte viermal harpuniert werden müssen, berichtet Vísir. Die Vorsitzende des isländischen Tierärzteverbandes sagte, es sei wohl klar, dass hier das Tierschutzgesetz gebrochen wurde. Für sie sei schwer erkennbar, wie ein solcher Gesetzesbruch bei der Jagd umgangen werden könne.

Das Video war von einem Inspektor der Fischereibehörde im Auftrag der Veterinäraufsichtsbehörde (MAST) aufgenommen worden und bei Heimildin zuerst zu sehen gewesen. Die Walkuh im Video ist eins von zwei Tieren, die man viermal harpunieren musste, um sie zu töten. Am Zeitstempel ist zu sehen, dass der Todeskampf zwei Stunden dauert. Im Bericht von MAST über die Waltötungen der Saison 2022 heisst es, das Tier habe offensichtlicht in dem Zeitraum grosse Qualen erlitten. Im Video sieht man das Blut hochpulsieren, und man hört den Wal schwer atmen, als erneut geschossen wird.

Das Video im Link ist nichts für sensible Gemüter.

Jagdlizenz wird nicht eingezogen, sagt Ministerin
In der letzten Jagdsaison waren zum ersten Mal staatliche Inspektoren an Bord gewesen, um die Jagd zu dokumentieren. Dabei stellte sich heraus, dass von 148 erlegten Walen 36 Tiere (24%) öfter als einmal beschossen wurden. Von diesen 36 Tieren wurden fünf Wale dreimal beschossen und vier Wale viermal beschossen. Ein Wal mit einer Harpune im Rücken hatte fünf Stunden lang verfolgt werden müssen und entkam dennoch. Die Ministerin für Landwirtschaft, Fischerei und Lebensmittel, Svandís Svavarsdóttir, hatte das Ergebnis als “schockierend” bezeichnet. Sie blieb allerdings auch gestern dabei, die Jagdlizenz des Walfangunternehmens Hvalur hf. für die kommende Jagdsaison im Sommer nicht einzuziehen.

Tierärzteverband verwundert über Mangel an Konsequenzen
Bára Eyfjörð Heimisdóttir, die Vorsitzende des Tierärzteverbandes, verurteilte diese Weigerung, denn es sei klar, dass es sich hier um eine Verletzung des Tierschutzgesetzes handle. “Ich finde es sehr eigenartig, dass das keine Konsequenzen hat. Die sollen also wieder rausfahren und jagen, und ich verstehe nicht, wie das gehen soll, wenn wir an das Tierwohl denken.” sagte Bára. Sie sei sehr verwundert, dass es in diesem Sommer trotz der vorliegenden Daten wieder zur Jagd gehe, wo möglicherweise erneut 30% der Wale solche Qualen durchmachen müssen. MAST hatte in dem Bericht geschrieben, dass die Tierschutzbestimmungen nicht verletzt wurden, weil die besten bekannten Methoden zur Anwendung gekommen seien, wie es das Gesetz zur Jagd auf wilde Tiere vorschreibt. Nicht sicher sei hingegen, ob die Waljagd generell mit dem Tierschutzgesetz vereinbar sei. Die Ergebnisse sind daher an den Fachrat für Tierschutz zur Beurteilung weitergeleitet worden.
Der isländische Naturschutzbund prüft derzeit, ob die isländische Regierung wegen Tatenlosigkeit in der Walfang- und Klimafrage angeklagt werden kann.

Hauptstreitpunkt derzeit ist die bestehende Jagdlizenz für die Saison 2023, die im September abläuft und erneuert werden müsste. Für den Einzug der bestehenden Lizenz fehle die rechtliche Grundlage, hatte die zuständige Ministerin vorgestern angegeben. Im nächsten Schritt geht es um eine neue Lizenz für die Jagd auf Wale ab 2024. Svandís Svavarsdóttir hatte gestern und zuvor schon mehrfach geäussert, eine grundsätzliche Zukunft für den Walfang könne sie sich kaum noch vorstellen.
Hvalur-Chef Kristján Loftsson geht jedoch unverdrossen davon aus, auch weiterhin Wale zu jagen. Vor einigen Tagen hatte er angekündigt, an neuen Tötungsmethoden zu arbeiten, um die Jagd auf die Meeressäuger effizienter zu gestalten. Unter anderem sollen die Harpunen unter Strom gesetzt werden, damit der Wal per Stromstoss betäubt wird, falls die Harpune ihr Ziel verfehlt.

Waljagd und Recht auf Selbstbestimmung
Der Vorsitzende des isländischen Tourismusverbandes, Jóhannes Þór Skúlason, äusserte sich besorgt darüber, dass die ausländische Berichterstattung über den isländischen Walfang ausgesprochen negative Auswirkungen auf den Tourismus habe.

Dazu hatte Aussenministerin Þórdís Kolbrún Reykfjörð Gylfadóttir gestern eine klare Meinung. Sie gab an, sie sich sich bewusst, dass der Walfang der Isländer im Ausland allgemein Aufmerksamkeit errege – aber sie hege keine Sorge, dass dies nach dem Bericht von MAST dem Ruf Islands schade.
Heute sagte sie RÚV gegenüber, dass Touristen nicht kontrollieren könnten, welche Wirtschaftszweige in diesem Land betrieben würden, auch wenn die Jagd auf Wale ein gewisses rufschädigendes Risiko mit sich bringe. Die Isländer hätten das Recht auf Selbstbestimmung darüber, wie sie ihre Ressourcen nutzen. „Natürlich sollten diejenigen, die diese Jagd betreiben, Gesetze und Vorschriften befolgen. Ich konnte in der Mitteilung von MAST nichts Besseres erkennen, als dass diese Gesetze nicht gebrochen wurden.“

 

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