Die türkische Regierung hat eine diplomatische Note nach Island geschickt und kritisierte darin das “respektlose” und “brutale” Verhalten gegen die Männer der türkischen Fussballnationalmannschaft, berichtet das Magazin aa.com.
Das Fussballteam war in der Sonntagnacht zu ihrem Qualifikationsspiel gegen Island für die Euro 2020 angereist. Die Mannschaft beklagte, sie hätte sich bei der Einreise einer intensiven Sicherheitskontrolle unterziehen müssen und seien drei Stunden lang festgehalten worden, bevor sie den Flughafen hätten verlassen dürfen.
Ein Sprecher des Flughafenbetreibers Isavia gab RÚV gegenüber an, dass die Flughafenangestellten internationalen Regeln gemäss eine Sicherheitskontrolle hätten durchführen müssen, und dass diese intensiver ausgefallen sei, weil der Flug, mit welchem das Team in Keflavík landete, nicht Teil des One Stop Security Bereichs sei, wo die Sicherheitsbestimmungen denen aller europäischen Flughäfen entsprächen.
Daher, so die Isavia, hätten die Passagiere dieses Fluges alle durch die gleiche Sicherheitskontrolle gehen müssen – auch die Isländer.
Isavia zufolge habe die Sicherheitskontrolle in der Sonntagnacht eine ungewöhnlich lange Zeit in Anspruch genommen, weil die Reisenden mit vielen elektronischen Geräten und Flüssigkeiten im Gepäck unterwegs gewesen seien, all dies habe einzeln untersucht werden müssen.
Isavia weist den türkischen Vorwurf zurück, die Spieler seien für drei Stunden festgehalten worden. Allerdings habe die Wartezeit ab Eintreffen des Flugzeugs 80 Minuten betragen. Der Flug war Flughafenvertretern zufolge um 19.40 eingetroffen, der letzte Passagier ging gegen 21 Uhr durch den Zoll.
Die Gemüter sind nach dem Vorfall erhitzt, und es gab auch Drohungen gegen isländische Fussballspieler und Sportjournalisten. Sehr wahrscheinlich sind diese auf ein Interview mit dem türkischen Mittelfeldspieler Emre Belözoglu zurückzuführen – nachdem dieser durch die Sicherheitskontrolle gegangen war, hatte ihm eine Person, die später als belgischer Staatsbürger identifiziert wurde, eine Spülbürste wie ein Mikrophon vor die Nase gehalten, während Emre von Reportern befragt wurde. Hier kann man ein Video von dem Interview sehen.
Die Türkei und Island unterhalten jeweils keine Botschaften in ihren Ländern, doch Fazli Corman, der türkische Botschafter in Norwegen ist auf dem Weg nach Island. Der türkische Aussenminister Mevlut Cavusoglu äusserte sich auf Twitter zu dem Vorfall und schrieb “Die Behandlung unseres Nationalteams auf dem isländischen Flughafen ist nicht akzeptabel in Bezug auf diplomatische wie menschenrechtliche Praktiken.”
Der isländische Aussenminister Guðlaugur Þór Þórðarsson hatte am Morgen Kontakt zum türkischen Aussenminister aufgenommen, nachdem gestern Abend die formale Klage bei ihm eingegangen war.
“Ich gebe offen zu, dass mich die Reaktion der türkischen Regierung überrascht, und ich finde, sie steht in keinem Verhältnis zur Sache. Wir haben das sehr ernst genommen, wenn hier Bedenken geäussert werden und wir haben das intensiv geprüft,” sagte der Aussenminister. Das Fussballteam sei nicht bei der Einreise diskriminiert worden, vielmehr sei nach normalen Bestimmungen gehandelt worden, da die Mannschaft von einem Flughafen ausserhalb des Schengen-Gebietes angereist sei, schreibt RÚV.
In der vergangenen Woche war um ein beschleunigtes Einreiseverfahren für die Mannschaft ersucht worden, nicht ganz klar ist jedoch, wann genau das Ersuchen eingegangen war. “Wir haben kein Beispiel dafür gefunden, dass eine Sportmannschaft ein beschleunigtes Einreiseverfahren gewährt bekommen hat. Das gilt eher für hohe Diplomaten und Minister, und wir im Aussenministerium erhalten diese Anfragen einige Stunden vor der Einreise ins Land,” erklärte Guðlaugur Þór. Er lege Wert darauf, dass die Beziehung der beiden Staaten auch weiterhin gut bleibe.
Beim Länderspiel heute abend in der Arena im Reykjavíker Laugardalur sind alle Plätze ausverkauft. Bis zu 200 türkische Fans werden erwartet.
Der isländische Fussballverband KSÍ hat wissen lassen, dass man auf der Hut sei, und dass alle Spülbürsten, die Fans möglicherweise mitbringen, am Eingang eingesammelt würden, weil die Türken dies als verbalen Rassismus auffassen würden.
Die Spülbürste als Symbol für verbalen Rassismus gegen den türkischen Fussballgegner könne harte Folgen für den Verband haben.
“Wenn ein Vorfall als ernsthaft beurteilt wird, kann das von hohen Geldstrafen bis hin zu einem Spiel hinter verschlossenen Türen gehen, jenachdem, wie die UEFA den Fall beurteilt. Aber verbaler Rassismus gilt als sehr schwerwiegend, und viele Teams haben schon Heimspiele hinter verschlossenen Türen absolvieren müssen.” erklärte Viðir Reynisson, der Sicherheitsbeaufragte des isländischen Fussballverbands.