Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat heute entschieden, dass die Abschiebung des Asylbewerbers Hussein Hussein und seiner Familie auf den 21. November verschoben werden muss. Die Familie hätte das Land nächste Woche verlassen müssen.
Der Fall der Familie Hussein beschäftigt die isländischen Behörden schon eine geraume Zeit. Hussein Hussein ist schwerbehindert und sitzt im Rollstuhl. Er sagt, in Griechenland, wo er mit seiner Mutter und zwei Schwestern nach der Flucht aus dem Irak zuerst angekommen war, könne er keine medizinische Versorgung erhalten.
Nachdem die Abschiebung der Familie beschlossen war, sollte sie am 7. November das Land verlassen. Doch die Familie legte gegen die Abschiebung Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein. Einem vorläufigen Urteil zufolge muss Island die Abschiebung jetzt auf den 21. November verschieben.
Fünf Fragen zur Abschiebung eines Behinderten
Das Gericht verlangt von der isländischen Regierung Antworten auf fünf Fragen dazu, wie die Abschiebung des schwerbehinderten Hussein genau vonstatten gehen soll, wie er nach seiner Ankunft den griechischen Behörden übergeben werden soll und was unternommen wird, um sicherzustellen, dass er in Griechenland eine angemessene Unterkunft und eine medizinische Versorgung für seine spezielle Erkrankung erhalten wird.
Als die Familie vor fast einem Jahr zum ersten Mal abgeschoben worden war, erregte der Umgang der isländischen Polizei mit dem behinderten Mann großes Aufsehen. Hussein war von seinem Rollstuhl aus auf den Rücksitz eines normalen PKW gezerrt worden und nicht in einem behindertengerechten Fahrzeug transportiert worden. In Griechenland war die Familie vom Flugzeug aus direkt auf der Strasse gelandet, weil ihre Aufenthaltsgenehmigung dort längst abgelaufen war und kein Anspruch auf Unterkunft oder Versorgung mehr bestand. Daraufhin hatten die Lehrer der beiden Schwestern Geld gesammelt, um für die Familie eine Bleibe anzumieten.
Bemerkenswerter gerichtlicher Vorgang
Claudia Ashanie Wilson, die Anwältin der Familie, sagt, das Urteil habe eine grosse Bedeutung und sei bindend. Der Regierung ist damit untersagt, die Familie vor einer endgültigen Entscheidung des Gerichtshofs außer Landes zu bringen.
Es sei ausgesprochen selten, dass eine Abschiebung aus den vorliegenden Gründen verschoben werde, sie erinnere sich da nur an einen Fall vor etwa acht Jahren. Für die Familie sei es sehr wichtig, vor dem Europäischen Gerichtshof Gehör zu finden, und dass die isländische Regierung Fragen beantworten müsse, auf die es bislang keine Antworten gegeben habe.
Auch sei es sehr bemerkenswert, dass zur gleichen Zeit da der Berufungsausschuss für Einwanderungsfragen seine eigene Arbeitsweise auf den Prüfstand stelle, aber keine Mängel finde und der Familie eine Aufschiebung von Rechtsmitteln verwehre, ein unabhängiges Gericht den gleichen Fall prüfe und feststelle, dass der Krug da in vielerlei Hinsicht zerbrochen sei.
Die Familie hatte unter Zwang zugestimmt, das Land freiwillig zu verlassen. Man habe ihnen mitgeteilt, dass die Abschiebung am 11. November stattfinden soll. Dann sei ihnen angekündigt worden, dass man sie am 7. November abschieben werde. Nun sei klar, dass daraus erst mal nichts wird.
„Ich gehe mal davon aus, dass die Regierung dieses Ergebnis respektiert,“ meint Claudia.
Sobald die Regierung auf die Fragen des Gerichtshofs geantwortet hat, bekommt Claudia Gelegenheit zu einer Gegenantwort. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte will sein Ergebnis vor dem 21. November übermitteln.