Nachfrage nach Strickwolle explodiert, Preise für Rohwolle aber nicht Skip to content
Photo: Dagmar Trodler.

Nachfrage nach Strickwolle explodiert, Preise für Rohwolle aber nicht

Noch nie zuvor ist die Nachfrage nach Handarbeitsgarn aus isländischer Schafswolle so hoch gewesen, nicht zuletzt, weil viele Landsleute während der Pandemie die Stricknadeln für sich entdeckten.
Gunnar Þórarinsson, der Geschäftsleiter von Ístex und Schafzüchter auf Þóroddstaðir im Hrutafjörður, sagt, in den 30 Jahren seiner Berufskarriere bei Ístex sei nicht soviel Garn produziert und verkauft worden wie im vergangenen Jahr.

Die Mehrproduktion lag bei 150 Tonnen Garn, eine grosse Menge, die das Unternehmen mit Überstunden am Abend, veränderten Herstellungsabläufen und anderen Massnahmen stemmte, berichtet das Bændablaðið. In Island selbst stieg der Verkauf von Strickgarn um 30 Prozent, der Umsatz schoss durch den Verkauf im In- und Ausland innerhalb eines Jahres um 48 Prozent in die Höhe, weil mehr produziert wurde und auch die Ladenpreise stiegen.
Und der Strickermarkt giert weiter nach isländischem Garn. Gunnar zufolge will das Unternehmen jetzt Maschinen erneuern und mehr Leute einstellen, um die Nachfrage befriedigen zu können, dennoch könnte es in den kommenden Monaten zu Engpässen kommen. An den Lieferanten liege das jedoch nicht, es gebe schliesslich genug Schafe im Land. Sollte allerdings der Schafbestand zurückgehen, bei gleichzeitig steigender Nachfrage nach Wollerzeugnissen, dann könnte sich das Blatt innerhalb weniger Jahre wenden, meint Gunnar.

Streitpunkt Wollpreis
Ein Streitpunkt beim Thema Schafwolle ist immer wieder der Preis für das Kilo Wolle. Kann oder will man seine Schafe nicht selbst scheren, muss ein professioneller Scherer kommen, und dann reicht der Erlös der Wolle meist so gerade, um den Scherer zu bezahlen. Schafe müssen jedoch geschoren werden, weil die neue Wollschicht von alleine nachwächst und die alte überflüssig wird. Das Islandschaf gehört zu den Primitivrassen und hat damit die genetische Veranlagung, sein altes Vlies abzustreifen, doch gelingt dies oft nur teilweise, und bei sommerlichen Temperaturen benötigt ein Schaf auch im Hochland kein Winterkleid mehr. Ein ungeschorener Pelz hingegen bildet idealen Nährboden für Parasiten und Ungeziefer und kann Hautkrankheiten, aber auch Unwohlsein durch Hitzestau verursachen.

Im vergangenen Herbst zahlte Ístex für das Kilo weisse Lammwolle der besten Qualität 515 Kronen (3,60 EUR), für schwarze, graue und braune Wolle gab es 370 Kronen pro Kilo (2,60 EUR). Für die Wolle von im Spätwinter/Frühjahr geschorenen Schafen gibt es von 20 Kronen (nachgewachsene Wolle und Ganzjahresfell) bis gar nichts (alle bunten Farben). Für die Wolle von gefleckten Schafen gibt es kein Geld. Schafswolle wird zusätzlich mit etwa 40 Prozent vom Staat subventioniert, auch die Sorten, für die Ístex nichts zahlt.  Die Preisgestaltung des Unternehmens sorgt für Unmut bei den Bauern, die meist selbst Aktien an Ístex halten.
Gunnar begründet die geringen Preisanstiege damit, dass es in 2019 einen Rückgang im Tourismus gegeben habe, damit sei auch die Nachfrage nach Industriegarn und Wolldecken gefallen. Auf diese Krise folgte COVID-19 und der Markt brach fast zusammen. Auch der Wollpreis ging in den Keller, so Gunnar. Im Jahr 2020 habe das Unternehmen schwere Verluste einfahren müssen. Doch nun strickt ja alle Welt und oft genug sind die Wollregale leer, weil der Nachschub fehlt.
So bleibt zu hoffen, dass das Unternehmen nach der Preisanpassung im vergangenen Herbst und der Entwicklung neuer Waren rosigeren Zeiten entgegensieht und den Schafzüchtern bessere Preise für ihren Rohstoff zahlen kann.

Mini Mills bedienen Privatkunden
Immerhin gibt es inzwischen auch kleine aber feine Konkurrenz im Lande. Nicht nur die vielen Handspinner, die sich gegen gutes Geld besonders schöne Vliese zu sichern wissen und daraus Garne aller Art herstellen oder der Wollmarkt Þingborg bei Selfoss, der handverlesene Vliese schonend zu Garn verarbeiten lässt, auch zwei Mini Mills produzieren inzwischen Handarbeitsgarne von Vliesen aus dem eigenen Schafbestand oder im Kundenauftrag. Und so mancher Schafzüchter entscheidet sich inzwischen, seine Wolle bei den Wollmühlen Gilshagi im Norden des Landes oder Uppspuni im Süden verarbeiten zu lassen und das Garn selbst zu vermarkten.

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