Die Unfallgefahr bei Pferden, die in Paddocks gehalten werden, ist weitaus höher als bei Pferden, die auf der Weide stehen. Verletzungen und Unfälle entstehen vor allem dort, wo zuviele Pferde auf zu engem Raum über längere Zeit ohne Aufsicht zusammenstehen, berichtet RÚV.
Reitpferde sind Stallpferde
Pferdehaltung in Island sieht anders aus als auf dem Kontinent. In Island gibt es keine Pensionsställe oder Offenställe wie in Deutschland, sondern von den Reitvereinen betriebene Stalldörfer in den Städten, wo man entweder einen Stall mit Boxen besitzt, oder eine Box dort mietet. In den älteren Stalldörfern teilen sich mehrere Ställe einen Paddock und müssen sich mit der Paddockzeit ihrer Pferde arrangieren, in den neueren Anlagen hat jeder Stall seinen eigenen Paddock. Jeder versorgt sein Pferd selbst, oft nach der Arbeit, meist kommt das Pferd auch dann erst an die Luft. Gefüttert wird ausschliesslich in der Box. Oft ist es so, dass die Pferde im Paddock sich nicht kennen, was zusammen mit Futtermangel zu aggressivem Verhalten führen kann.
Reitpferde werden in der Regel um Weihnachten herum in den Stall geholt, und dort den Winter über trainiert und geritten. Die meisten Reiter lassen ihre Pferde dann zum Sommer hin auf Weiden im Umland oder bringen sie im Rahmen einer mehrtägigen Reittour zu ihrem Sommerdomizil. Viele Pferde werden im Sommer weniger oder gar nicht geritten, weil die Besitzer Urlaub machen. Zum Herbst hin nimmt man die Jungpferde zum Anreiten in den Stall. Die meisten Islandpferde sind also monatelange Boxenhaltung gewöhnt.
Lange Boxenhaltungsperiode belastet
Das isländische Pferdeschutzgesetz schreibt vor, dass jedes Pferd mindestens eine Stunde am Tag entweder bewegt wird oder auf den Paddock gelassen wird, ausser das Wetter oder eine Krankheit verhindern dies. Vor 2014 war nur eine halbe Stunde vorgeschrieben gewesen.
In einem neueren Bericht der Veterinäraufsichtsbehörde MAST heisst es nun, die lange Boxenhaltungsperiode der Pferde sei ein belastender Faktor. Der Tierarzt Helgi Sigurðsson glaubt, dass die meisten Reitpferde, die auch als solche genutzt werden, ausreichend Auslauf an frischer Luft erhalten, auch wenn es da Ausnahmen gebe. Die Unfallgefahr in den Paddocks sei hingegen eher ein Problem als eine zu kurze Paddockzeit der Pferde.
“Da sind zu kleine Paddocks, zu enge Paddocks und zuviele Pferde auf einmal im Paddock. Das ist ein Risikospiel. Meine Ansicht.” meint Helgi. Oft höre man beim Vorbeifahren die Pferde quieken und sich prügeln, aber niemand schreite ein. Es sei nur eine Frage der Zeit wann sich da ein schwerer Unfall ereigne.
Verletzungen sind Besitzerproblem
“Vor vielen Jahren hab ich mal gesagt, es seien nicht die Pferde das Problem, sondern der Mensch. Das ist ein Besitzerproblem, verstehst du, kein Pferdeproblem, denn sobald das Pferd in der Natur ist, verringert sich das Problem. Es verschwindet wie Tau in der Sonne. Zu langer Aufenthalt im Paddock ist nicht gut. Der ist sogar gefährlich. Die Pferde fangen an sich zu streiten, und wir dürfen nicht vergessen, dass sie Hufeisen tragen. Und die Unfallgefahr in der Pferdeszene ist nirgendwo höher als in den Paddocks.” sagt Tierarzt Helgi Sigurðsson.