Wenn in Island die Impfung der besonders gefährdeten Gruppen abgeschlossen ist, soll die Allgemeinheit nicht etwa nach absteigendem Alter geordnet geimpft werden, sondern per Zufallsprinzip. Das bestätigte Chefepidemiologe Þórólfur Guðnason heute mbl.is gegenüber. Eine kürzlich veröffentlichte Studie von deCODE Genetics hatte herausgestellt, dass man mit dieser Strategie eher eine Herdenimmunität gegen die COVID-19 Erkrankung herstellen könne als wenn die Bevölkerung nach absteigendem Alter durchgeimpft würde.
Bislang haben 29,89 Prozent der Bevölkerung eine oder beide Impfdosen eines COVID-Impfstoffes erhalten. Nachdem die Massenimpfung eher langsam angelaufen war, hatte sie in der vergangenen Woche deutlich an Tempo zugelegt. Bis Ende Juli wollen die Behörden 75 Prozent der Bevölkerung mit wenigstens einer Dosis versorgt haben.
Begonnen hatte man mit Mitarbeitern des Gesundheitssystems, mit Polizei und Feuerwehr, sowie mit den Bewohnern von Altenheimen, nach Alter geordnet. Danach folgten die älteren Semester in der Bevölkerung. Dieser Tage ist die siebte Gruppe an der Reihe, Personen aller Altersstufe mit chronischen Vorerkrankungen. Die verbleibenden drei Gruppen betreffen Lehrer und Beschäftigte im Wohlfahrtssystem, Personen, die durch ihre prekäre soziale Situation gefährdet sind, sowie am Ende der Rest der Bevölkerung.
Mit der geänderten Strategie sollen die Personen aus diesen drei Gruppen nun nicht etwa dem Alter nach aufgerufen werden, sondern nach Zufallstreffer.
Impfung nach dem Zufallsprinzip
“Das wird im Bezug auf das Alter eher zufällig erfolgen,” bestätigte Þórólfur Guðnason. “Wenn etwa Lehrer oder Leute im Sozialdienst aufgerufen werden, dann geht es nicht dem Alter nach, sondern nach Zufallstreffer. Wir wollen zwei Fliegen mit einer Klappe treffen, also priorisierte Personen erreichen, aber auch so gut wie mögliche auf die Herdenimmunität hinarbeiten.”
In der Studie von deCODE, die am 29. April den Gesundheitsbehörden überreicht worden war, hatte es gehiessen, dass in Island eine Herdenimmunität am schnellsten erlangt werde, wenn bei den noch zu impfenden Gruppen die Jüngeren vor den Älteren geimpft würden, also genau entgegengesetzt der bisherigen Methode, die in Island und in den meisten anderen Ländern Anwendung findet.
Jüngere Menschen zuerst zu impfen würde die Ausbreitung des SARS-CoV-2 besser verhindern als eine Impfung der alten Menschen.
“Um die Pandemie auf 100 Personen (strenge Versammlungverbote vorausgesetzt) zu begrenzen, hätten wir 75 Prozent der Erwachsenen impfen müssen,” erklärte Páll Melsted, einer der Wissenschaftler hinter der Studie. “Aber wenn wir damit beginnen, Teenager zu impfen, dann würden wir diesen Punkt bereits mit 55 Prozent geimpfter Personen erreichen. Wenn wir diesen Punkt früher erreichen wollen, dann müssen wir mit den Jüngeren anfangen. Wir erreichen ein ähnliches Ziel, wenn wir nach dem Zufallsprinzip impfen. Politisch korrekter wäre es vielleicht, sowohl altersabsteigend als auch per Zufallsprinzip zu impfen, aber das möchte ich nicht bewerben.”
DeCODE Geschäftsführer Kári Stefánsson hatte mehrfach davor gewarnt, die Seuchenschutzbestimmungen aufzuheben, bevor eine Herdenimmunität erreicht ist. “Ich denke, wir sollten bei den Beschränkungen bleiben und noch ein paar Wochen lang katholischer als der Papst sein, und dann kommen wir da gut raus,” sagte er.
Tourismussommer hat mit US-Besuchern begonnen
Während die Impfung der isländischen Bevölkerung noch im vollen Gange ist, landen bereits die ersten Maschinen mit Touristen aus den USA, berichtet RÚV. Seit dem 6. April dürfen geimpfte US-Bürger zwar nicht in die EU, aber nach Island einreisen. Geimpfte Personen müssen sich den derzeit gültigen Bestimmungen nach in Island einmalig an der Grenze testen lassen und ihr Ergebnis in einer geeigneten Unterkunft abwarten, bevor sie sich auf Reisen begeben können.
Aus Europa gingen die Buchungen eher verhalten ein, heisst es von Seiten der isländischen Tourismusindustrie, nicht zuletzt, weil die Massenimpfung dort langsamer vonstatten geht, aber das Rad beginne sich zu drehen, und man hoffe sehr, dass damit der Tourismussommer begonnen habe.