Gestern haben es zwei Gesetzesentwürfe aus der Opposition durch das Parlament geschafft und sind nun in die zuständigen Ausschüsse verwiesen worden. Beim einen handelte es sich um eine Vorlage der Sozialdemokratischen Politikerin Oddný Harðardóttir zur Regulierung des isländischen Fischfangs, der andere Gesetzesentwurf zum Tierschutz stammte von drei Parlamentariern der Volkspartei und zwei Linksgrünen, er betrifft ein endgültiges Verbot der Blutstutenwirtschaft in Island.
Wie die Fraktionsvorsitzende der Volkspartei, Inga Sæland, Vísir gegenüber angab, komme es eher selten vor, dass ein Vorschlag der Opposition in die parlamentarische Debatte mit anschliessender Abstimmung gelange, doch anders als im März, als der erste Versuch schon im Vorfeld abgeschmettert wurde, seien sich isländische Öffentlichkeit und auch das Ausland diesmal der Angelegenheit sehr bewusst. Nun sei es die isländische Gemeinschaft, die sich darum kümmere, genau diese Angelegenheit durchzubekommen.
In den Abendnachrichten hatte Inga kritisiert, das Blutstutengeschäft arbeite diametral gegen die Bemühungen der Íslandsstofa, welche Unsummen für die Bewerbung des Islandpferdes als Familientier ausgegeben habe. “Gelinde gesagt ist das grauenvoll für unseren Ruf. Über sechs Jahre hinweg haben wir riesige Gelder ausgegeben, um das Islandpferd zu bewerben und in den letzten drei Jahren brachte das Erfolg, und wir haben Rekorde geschlagen beim Export des Islandpferdes, unseres notwendigen Gefährtens, der auf der ganzen Welt geliebt wird. Wir schwärzen damit unser eigenes Ansehen.” Sie rechne damit, dass Lobbygruppen gegen die Vorlage aktiv würden, wolle in der Sache aber keinesfalls nachlassen.
Landwirtschaftsministerin gründet Arbeitsgruppe zum Thema Blutstuten
Am Abend wurde bekannt, dass Islands neue Landwirtschaftsministerin Svandís Svavarsdóttir eine Arbeitsgruppe zum Thema Blutstuten gegründet hat. Die Gruppe soll, so heisst es auf der Webseite der Regierung, die Arbeitsweise der Branche prüfen, sowie Regelwerk und Kontrollmechanismen, ausserdem Gesetzgebung und eine mögliche Durchführung der Blutentnahme im Ausland. Am Tisch der Arbeitsgruppe sitzen Ministeriale, dazu Mitarbeiter der Veterinäraufsichtsbehörde und des Ethikinstitutes der Universität. Man will mit Interessensvertretern zusammentreffen, aber auch die Öffentlichkeit wird Gelegenheit bekommen, sich auf der Seite für Einwände aus der Bevölkerung (samráðsgátt) zum Thema zu äussern.
Die Arbeitsgruppe ist unabhängig von MAST und den behördlichen Untersuchungen der Tierquälerei tätig.
Ísteka kündigt Verträge mit Blutfarmen
Währenddessen hatte der Blutaufkäufer Ísteka ehf. gestern eine Erklärung veröffentlicht, nach der das Unternehmen die Lieferverträge mit mehreren Blutfarmen gekündigt habe. Dabei geht es um die Höfe, die von der Schweizer Tierschutzorganisation AWF/TSB mit versteckter Kamera besucht worden waren. Im Video ist zu sehen, wie Stuten in die Fixierstände geprügelt wurden, wie sie mit überstrecktem Kopf an Pfosten gefesselt und mit einem Rückengurt am Steigen gehindert wurden. Die anwesenden Veterinäre hatten nicht eingegriffen.
Die Stuten werden im Frühjahr gedeckt und im Sommer ihrer Trächtigkeit einmal pro Woche und bis zu zehnmal insgesamt zur Ader gelassen. Jeweils fünf Liter, in manchen Fällen auch mehr, werden der Stute abgezapft. Aus dem Blut extrahiert Ísteka das Gonadotropin PMSG, welches in Europa zu Präparaten für die Brunststimulation bei Schweinen und anderen Nutztieren verarbeitet wird. Die Fohlen aus den Blutstuten gehen in die Schlachtung. Ísteka ehf. ist das einzige Unternehmen in Island, welches an dem Blut der Stuten verdient.
In Folge der Ereignisse war vor allem Kritik an der Veterinäraufsichtsbehörde MAST laut geworden, die die Blutfarmen über das Jahr verteilt kontrolliert.
Am Blutgewinnungstag selber übernimmt jedoch Ísteka die Überwachung.
Im Schreiben des Unternehmens wurde die “untragbare Behandlung von Pferden bei Kooperationsbauern des Pharmaunternehmens Ísteka” kritisiert. “Diese Behandlung ist ganz klar eine Verletzung des Tierschutzabkommens zwischen dem Unternehmen und dem betreffenden Bauern. Die Verträge sind daher aufgehoben worden.” Nicht klar ist, wieviele Höfe von der Kündigung betroffen sind. Insgesamt gibt es in Island 119 Blutfarmen mit fast 5400 Stuten. Die Veterinäraufsichtsbehörde, die die Tierquälervorfälle zur Zeit untersucht, hatte schon vor einigen Tagen davor gewarnt, übereilte Entscheidungen könnten das Leben der Stuten in Gefahr bringen.
Ísteka will nun die Überwachung der Blutgewinnungen ausbauen. Dazu gehören nach Angaben des Unternehmens Wissensvermittlung und Ausbildung der beteiligten Landwirte, die Anstellung von weiteren Inspektoren, die während aller Blutgewinnungen die ganze Zeit vor Ort sein müssten, und eine Kameraüberwachung sämtlicher Stationen.
600 Tonnen Blut genehmigt, Einwände bis 22.12. möglich
Unlängst hatte die isländische Umweltagentur dem Blutaufkäufer Ísteka ehf. die Genehmigung zur Gewinnung von 600 Tonnen Stutenblut (bisher 170 Tonnen) in Aussicht gestellt. Das Verfahren läuft, bis zum 22. Dezember können Interessierte Einwände an die Behörde einsenden. Die in Aussicht gestellte Betriebsgenehmigung soll dann bis zum Jahr 2038 gelten.
Wie RÚV schrieb, ist die genaue Bestandszahl in Island nicht bekannt, sie liegt wohl zwischen 60.000 und 70.000 Pferden. Die Zahl der Blutstuten müssen sich stark erhöhen, damit Ísteka die angestrebten 600 Tonnen herausholen könne.