In diesem Sommer feiert das Schwimmbad Seljavallalaug in den Hängen des Eyjafjallajökull seinen 100. Geburtstag. Begonnen hatte die Geschichte des Schwimmbads im Jahr 1923 mit einem Schwimmkurs des Eyjfellingurs Björn J. Andrésson in Reykjavík, der ihn wohl so beindruckt haben muss, dass er nach seiner Heimkehr sofort den Bau eines Schwimmbads an der heissen Quelle in der Laugarárgil oberhalb des Hofes Seljavellir initiierte, berichtet das Bændablaðið.
Zusammen mit seinem Freund Björn Gumundsson von Gíslakot, ebenfalls ein begeisterter Schwimmer, macht er sich daran, den Plan in der Region zu bewerben, und zwar nicht, wie er sich ausdrückt, “dort wo der Garten am tiefsten liegt”, sondern gleich beim Grossbauern Ólafur in Þorvaldeyri. Auch hier musste man nicht “nach Wolle im Ziegenstall suchen”, Ólafur liess alles stehen und liegen und nahm den geplanten Standort in Augenschein. Nicht mehr als einen Tag würde das dauern, so die Ansicht des Grossbauern, wenn man nur genügend Leute zusammengetrommelt bekäme. Das Echo der umliegenden Höfe war gut, und als Lohn für die Freilligenarbeit versprachen die beiden Schwimmbadmacher freien Schwimmuntericht für alle Helfer. Insgesamt 25 Leute meldeten sich für das Projekt, voller Freude, ein Schwimmbad in Reichweite zu erhalten.
Steine klopfen für ein Bad
Man hatte in der Tat damit gerechnet, nach einem Tag fertig zu sein, doch der Plan erwies sich als teuer erkauft, denn das Erdreich erwies sich als steinig und stark verdichtet. Am Samstagabend sahen Kleingeister das Schwimmbad schon Wasser verlieren und sowieso nicht funktionieren, erinnert sich Björn. Er habe zu ihnen gesagt “Heute ist ein Arbeitstag, und eure Väter und Bauern haben euch von wichtigen Gewerken zuhause frei gegeben, morgen ist Sonntag, den ihr für euch habt, das wäre eine unglaubliche Schande für jeden, der hier nicht seinen freien Tag opfern will, um dieses Projekt fertigzustellen.” Dagegen konnte niemand mehr was sagen, und so traf man sich am Sonntagmorgen und schuftete bei eitel Sonnenschein einen weiteren Tag bis zum Abend, verkleidete die Ränder mit Grassoden und liess schliesslich das heisse Wasser ins Bad einlaufen. Auch wenn das Wasser zunächst nur lauwarm war, sassen am Ende alle miteinander im Bad und sangen aus voller Brust „Þú bláfjallageimur með heiðjöklahring.“
Eine Steinmauer musste her
Am Tag vor dem Schwimmkurs machten sich die Erbauer auf den Weg und fanden ein so gut wie leeres Schwimmbad vor. Eine Riesenenttäuschung, weil man das Bad doch mit einem Schwimmgang hatte einweihen wollen. Ganz klar hätte das Bad mit Stein verkleidet werden müssen. Aber trotz des wenigen Wassers beschlossen die Gäste, sich zumindest nebeneinander ins Wasser zu legen, und da geschah etwas ausgesprochen Merkwürdiges: das Wasser beginnt zu steigen, voller Erdreich zwar, doch sehr zum Entzücken der potentiellen Schwimmer. Als Grund dafür nahm Björn an, dass eben dieses Erdreich die Wände abdichtete. Dem Schwimmkurs stand nun nichts mehr im Wege, und nach sieben Tagen Unterricht konnten alle Teilnehmer schwimmen.
Sportverein mauert Wände und Umkleide
Der am 23. Dezember 21922 gegründete Sportverein Íþróttafélag Eyfellinga beschloss, die Wände des Schwimmbades zu mauern, damit das Wasser nicht mehr versickerte, und jedes Vereinsmitglied sollte dazu zwischen einer und 30 Kronen spenden. Am Ende kamen 764 Kronen zusammen. Die Gemeinde verweigerte eine Spende, aber vom Parlament kamen weitere 70 Kronen Zuschuss, und ein halbes Jahr später war nicht nur das Schwimmbad gemauert und fachgerecht verkleidet, sondern auch das steinerne Gebäude, wo die Umkleiden untergebracht sind.
Das bei Touristen so beliebte Seljavallalaug ist also das Werk engagierter Freiwilliger und zweier Schwimmer, die ihren Traum partout nicht aufgeben wollten. Das gesamte Baumaterial musste von Hand an den Berg transportiert werden und Reparaturen waren stets mit grossem Aufwand verbunden. Als im Jahr 2010 der Eyjafjallajökull ausbrach, versank das Schwimmbad in der Asche. Ein Bauunternehmner spendete schweres Gerät, um die insgesamt 80 Tonnen Asche aus dem Becken herauszubaggern.